In Deutschland werden, anders als im Rest Europas, deutlich mehr Zweipferdeanhänger als „Singles“ verkauft, obwohl in vielen Fällen nur ein Pferd transportiert wird. Dabei haben Ein- oder wegen des Platzes für Stute und Fohlen auch „Anderthalb-Pferdeanhänger“ genannt – für Einzelreiser viele Vorteile, wie Test und Recherchen durch www.mit-Pferden-reisen.de ergeben haben.
Das häufigste Argument für den Kauf eines Zweipferdeanhängers, obwohl nur ein Pferd in der Familie ist, sind die kaum höheren Preise. Bekommt man doch gefühlt doppelt so viel Anhänger für nur zwei- oder dreihundert Euro mehr, wobei die Preise ausstattungsbedingt stark variieren: von grob 3.700 bis mehr als 6.000 Euro reicht die Spanne für die „Anderthalber“. Die Gründe dafür liegen im Produktionsaufwand: „Der Arbeitsaufwand für die Herstellung unseres Anderthalb-Pferdeanhängers Alabama ist nur unmerklich geringer als beim Modell Arizona für zwei Pferde. So kommt uns zum Beispiel die Dachhaube wegen der geringeren Stückzahlen teurer als die größere Version. Aufgrund der schmaleren Form des Anhängers kann auch keine Standardsattelkammer eingebaut werden“, erklärt Dr. Uwe Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung der WM Meyer Fahrzeugbau AG in Werneck.
Wird der Kaufpreis oft über ein Finanzierungsprogramm auf viele Monate gesplittet, sind die Kosten also kein Argument für das kleinere Modell. Auch die Möglichkeit, mehr Gepäck unterzubringen oder irgendwann eben doch einmal zwei Pferde fahren zu können, wird gerne als Grund für die Anschaffung der größeren Modelle ins Feld geführt.
Das fällt ins Gewicht
„Genau so habe ich vor der Anschaffung meines ersten Zweier-Anhängers auch argumentiert. Als ich dann vom Land Rover auf einen Daihatsu Terios umgestiegen bin, habe ich mir meinen ersten Böckmann Uno gekauft und sehr schnell gemerkt, dass er abgesehen vom geringeren Gewicht noch viele weitere Vorteile hat“, erklärt Julia Homburg, von Kindesbeinen an Reiterin und viele Jahre auch Turniere geritten.
Dem entsprechend erscheint das Gewicht zunächst das wichtigste Argument für den Kauf der „Kleinen“. Denn Autos mit 2 Tonnen oder mehr Anhängelast gehören zur höheren und damit teureren Mittel- oder Oberklasse. Auch ist die klassische „Familienkutsche“ nicht jedermanns Sache, und wer gerne seinen flotten BMW 116i, Ford Fiesta oder auch Nissan Qashqai behalten möchte, der tut gut daran, am Anhängergewicht zu sparen. Denn mehr als maximal 1.500 Kilogramm Zuglast sind bei diesen Modellen nicht drin.
Die größte Käufergruppe für Einzelanhänger sind daher laut Humbaur-Verkaufsleiter Michael Blömer junge Frauen, die mit ihrem Pferd in den Turniersport einsteigen: „Sie fahren oft einen VW Golf oder Opel Astra, die nur 1.300 oder 1.400 Kilo Anhängelast haben. Damit können sie keinen Doppelanhänger ziehen, selbst wenn Sie nur ein Pferd transportieren“, so Blömer.
Obwohl auch die Gewichtsunterschiede von bis zu rund 100 Kilogramm absolut betrachtet eher gering sind, können sie doch über die Zugerlaubnis entscheiden. Bei den Gewichtsangaben ist alleridngds zu beachten, dass einige Hersteller ihre Anderthalber-Modelle ohne serienmäßigen Gummiboden liefern, dieser also nicht im Gewicht berücksichtigt ist, aber je nach Stärke wenigstens 50 bis 70 Kilo auf die Waage bringt. Dasselbe gilt natürlich für etwaige nachträglich eingebaute Sattelkammern. Daher ist PKW-Besitzern, die auf eine niedrige Höchstgrenze achten müssen, zu empfehlen, das fertig ausgestattete Fahrzeug vor dem Kauf wiegen zu lassen. Nur so können sicher zu gehen, dass sie auch mit diesem Anhänger in ihrem erlaubten Rahmen bleiben.
Kompakt, praktisch, gut
Wer das erste Mal mit dem kleineren Modell fährt, wird überrascht sein vom leichtgängigen Hinterherrollen am PKW und der Praktikabilität. Simon Schlüchter, Exportleiter der Firma Böckmann, nennt auch klare Sicherheitsvorteile beim Fahren: „Von Kunden in Frankreich und den Niederlanden, wo aufgrund der dortigen Führerscheinregelungen deutlich mehr Einzelanhänger gekauft werden als bei uns, höre ich immer wieder, dass der schmalere Anhänger hinter kleineren Autos deutlich mehr Übersicht nach hinten erlaubt. Für jüngere und nicht so routinierte Fahrer ist dies sehr angenehm und auch ein Stück mehr Sicherheit“, so Schlüchter.
Speziell die Bedienungsfreundlichkeit bestätigt auch Julia Homburg, die derzeit den Kauf eines neuen Anderthalb-Pferdeanhängers plant: „Habe ich das Auto zum Ankuppeln einmal nicht perfekt positioniert, kann ich den Anhänger auch als Frau im Stand auf Grasboden relativ leicht auch heranrücken. Wenn ich auf einem Anhängerparkplatz in eine Lücke einparke, ist sie meistens breit genug für die Zweier-Anhänger. Dadurch wird das Rückwärtsrangieren deutlich einfacher, weil man schlicht mehr Platz hat“, so Julia Homburg. Da das gesamte Fahrzeug rund 25 bis 30 cm schmaler ist als seine größeren Brüder, ist auch die Heckklappe etwas leichter mit einer Hand zu öffnen und zu schließen.
Viel Platz im Innenraum
Gemessen an nur einem vierbeinigen Passagier hat dieser nach beiden Seiten wiederum vergleichsweise viel Platz und wird beim Einsteigen nicht an der Mitteltrennwand „ausgebremst“. Die Begleitperson geht komfortabel an der Seite mit, kann das Pferd bequem links, rechts oder auch beidseitig anbinden und – falls in dieser Zeit die Heckstange sicherheitshalber eingehakt wurde – auch nach hinten wieder hinausgehen.
Bei einer durchschnittlichen Innenbreite zwischen 1,30 und 1,35 m kann sich das Pferd beliebig auch schräg zur Fahrt ausrichten. „Ich habe festgestellt, dass sich meine Stute sehr breit aufstellen und dadurch besser ausbalancieren konnte. Ich habe im Gegensatz zu den Fahrten im Einzelfach des Zweieranhängers nie das typische Poltern an den Wänden gehört“, so die überzeugte Uno-Nutzerin. Diesen Eindruck bestätigt auch Michael Blömer: „Die Pferde würden sich auch in einem Doppelanhänger ohne Trennwand auch eher schräg stellen“.
Dieser Eindruck bestätigt sich auch bei den Testfahrten des Anderthalb-Pferdeanhängers Alabama aus der bayerischen Anhängerschmiede WM Meyer: Während die Stute alle Seitenwände in Doppelanhängern diverser Hersteller scheinbar beim Ausbalancieren mit den Hufen zerkratzte, blieben die Wände des Alabama heil.
Immer ein Dach über dem Kopf
Die komfortable Breite macht sich auch positiv bemerkbar, wenn man das Pferd zum Beispiel bei Regen im Inneren des Anhängers satteln und auftrensen möchte. Auch hier stört keine Trennwand, so dass man bequem von beiden Seiten an das Tier heran kommt. „Vor allem auf Turnieren habe ich diesen Komfort des trockenen Stellplatzes immer sehr zu schätzen gewusst. Ich konnte mein Pferd an einem sicheren Ort in Ruhe fertig machen, auch problemlos die Stollen fürs Springen eindrehen und die Gamaschen anziehen, während meine Turnierkollegen das Pferd bei beengten Platzverhältnissen draußen anbinden mussten und dabei noch oft genug im Regen standen“, erzählt Julia Homburg weiter. Auch die Ruhepausen zwischen den Prüfungen verbringen die Tiere sicherlich lieber in den etwas geräumigeren Fahrzeugen.
Als ganz besonders praktisch erweist sich der Innenraum beim Reinigen: Er lässt sich leicht ausfegen, kein Mist verfängt sich in dem typischen Loch, in dem sonst die Trennwand steht.
Allein und unabhängig
Simon Schlüchter nennt noch einen weiteren Vorteil, der immer wieder von seinen Kunden genannt wird: „Wenn Sie nur ein Pferd fahren können, werden Sie auch nicht gebeten, andere zum Turnier mitzunehmen und wegen unterschiedlicher Startzeiten entweder früher loszufahren oder abends auf den andern zu warten.“ Und wer schon einmal ein verladeunwilliges Pferd mitnehmen musste und abends Zeuge der endlosen Versuche war, das Tier auf dem Turnierplatz einzuladen, hat sich sicherlich in dieser Situation nach etwas mehr Unabhängigkeit gesehnt…
Dem stimmt Julia Homburg voll zu: „Ich habe früher natürlich oft andere mitgenommen. Kaum jemand hat mir aber, und sei es nur als kleine Geste, einen Benzingeldzuschuss angeboten oder, wenn es abends zu spät war, am nächsten Tag beim Reinigen geholfen. Und wenn das fremde Pferd irgendeinen Schaden angerichtet hat, durfte ich die Reparatur selbst bezahlen. Mit einem Anderthalber kommt man erst gar nicht in die Verlegenheit, andere mitnehmen zu müssen“, bestätigt die junge Frau.
Attraktive Einzelgänger
Alles in allem betrachtet, sind die „Anderthalber“ sehr attraktive Fahrzeuge, die auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt gesucht sind und gute Preise erzielen, wie Dr. Uwe Meyer bestätigt. Einzelreisende sollten daher genau abwägen, ob nicht die vielen Vorteile eines Single-Modells gegenüber einem nur halb genutzten Zweier-Anhänger stark überwiegen.