Es gibt viele Gründe, warum wir als Züchter oder Pferdesportler mit unseren Pferden auf die Reise gehen: Eine Stute muss zur Deckstation, ein Fohlen zur Fohlenschau oder zum Brenntermin, Pferde zum Turnier oder zum Reiterwochenende. Auch Klinikbesuche sind leider oft genug an der Tagesordnung. Damit es ein sicherer Pferdetransport wird, gilt es einige wichtige Aspekte rund um den Transport zu beachten.
Für diejenigen unter uns, die schon seit Jahren mit Pferden unterwegs sind, ist der Transport keine große Sache. Anhänger ankuppeln oder LKW vorfahren, Pferde verladen und los. Das „Pferdegepäck“ ist routinemäßig an Bord, der Weg bekannt. Und wenn alles glatt läuft – im wahrsten Sinne des Wortes – kommen alle heil an und auch wieder nachhause.
Für Newcomer, die nicht auf jahrelange Erfahrung zurückblicken und vielleicht zu ersten Mal mit ihren Pferden reisen, gibt es für einen sicheren Pferdetransport allerdings vieles zu bedenken. Der eine oder andere in diesem Beitrag erwähnte Aspekt mag aber auch für den Routinier interessant sein.
Aller guten Dinge sind drei: Pferde, Gespann, Reiseplanung
Man sieht sie immer wieder. Die unschönen Szenen, verladeunwillige Pferde irgendwie, teils tatsächlich auf Biegen und Brechen, in einen Anhänger zu bugsieren. Oft geübte Praxis: Anhänger mit dem Heck an eine Stallgasse zu fahren und die Pferde von dort aus einzuladen. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Was bleibt ist unendlicher Stress für alle Beteiligten. Im schlimmsten Fall sogar ein wegen einer Kolik totes Pferd, weil es sich nicht oder schnell genug verladen ließ.
Verladetraining und Praxis
Weil mit jedem Pferd jederzeit eine Fahrt zu einer Klinik erforderlich sein kann, ist es erste Bürgerpflicht jedes Pferdebesitzers, seine Pferde mit der unbekannten Kiste vertraut zu machen. Das gilt auch oder gerade schon für Fohlen. Das Kleine muss lernen, nicht nur gemeinsam mit seiner Mutter, sondern auch allein einzusteigen. Später eventuell nötige Fahrten sind dann bereits geübte Routine. Das spart allen Zeit und Nerven.
Ein kleiner Tipp dafür: Am besten lernen die Pferde das Einsteigen mit einem Anhänger mit Vorderausstieg, weil sie hier sprichwörtlich Licht am Ende des Tunnels sehen und so ganz einfach an die neue Situation gewöhnt werden können. Nach ein paar Übungen kann dann der Frontausstieg geschlossen bleiben, damit sie lernen auch in die üblichen Modelle einzusteigen.
Der Pferdeanhänger: Sicherheit an erster Stelle
Die wichtigsten Sicherheitsmerkmale eines Pferdeanhängers sind ein stabiler Aufbau mit satt aufliegender, trittsicherer Rampe, die sich nicht verbiegt oder klappert, wenn die Pferde darüber gehen. Alternativ steht in vielen Modellen heute ein Rampe-/Türsystem zur Verfügung, bei dem die Klappe zur Seite geöffnet werden kann; einige Hersteller bieten auch Flügeltüren an. Das erleichtert vielen gerade unerfahrenen Pferden den Einstieg, weil sie eben nicht über eine für sie hohlklingende schiefe Ebene treten müssen.
Der Boden – vorzugsweise aus unverrottbarem Aluminium oder Alu-Kunststoff-Kombinationen – sollte mit einem rutschfesten Gummiboden belegt sein.
Die Ösen für den Anbinder befinden sich heute üblicherweise an den Bruststangen: Diese sind bei moderneren Anhängern immer mit einem Panikentriegelungssystem verbunden, das sich vorne von außen öffnen lässt. Bei luxuriöseren Modellen lassen sich auch die Heckstangen von außen öffnen. Humbaur hat ein System entwickelt, das werkzeuglos mit einem Drehknopf zu entriegeln ist. Diese Einrichtungen können lebensrettend sein, wenn ein Pferd über eine Bruststange gestiegen oder unter die Heckstange geraten ist.
Beim Transport von einer Stute mit Fohlen in einem Doppelanhänger sollte die Mitteltrennwand herausgenommen werden. Anstatt des geteilten Boxengestänges kommt dann vorne und hinten jeweils eine durchgehende Stange zum Einsatz. So können beide Pferde in dem großen Raum transportiert werden. Die Stute muss so kurz angebunden werden, dass das ihr Fohlen nicht in den Strick treten kann, der Nachwuchs wird nicht angebunden. Absolute Pflicht ist ein Fohlengitter.
Um die Pferde schnell fixieren zu können, empfiehlt es sich, im Anhänger eigene Stricke, Gurtanbinder oder Ketten mit schnell zu öffnenden Panikhaken zu installieren. Nach längerem Gebrauch sollten diese regelmäßig überprüft werden, weil Eisenteile im feuchten Klima schnell rosten. Sie sind dann nicht mehr leichtgängig oder können brechen.
Eine recht clevere Lösung für das Anbinden am und im Anhänger ist der „SafetyClip“: Dabei handelt es sich um einen Spezialkarabiner mit einer Führungsschiene, durch die das Anbindeseil gezogen und mit einer kleinen Stellschraube festgeklemmt wird. Je nachdem, wie fest sie gedreht wird, gibt das Seil bei starkem Zug etwas nach, um zu großen Druck im Genick zu vermeiden. Selbst wenn das Pferd kurz panisch reagiert, beruhigt es sich schnell wieder.
Fahrverhalten: Weich gefedert
Ein optimales Fahrverhalten dient nicht nur der Sicherheit des Autofahrers, sondern auch der Pferde. Die meisten modernen Pferdeanhänger fahren heute auf sog. Gummifederachsen, die ein gutes Fahrverhalten garantieren. Verbessert wird dieses noch durch Radstoßdämpfer, auf die man bei einem Neukauf auf keinen Fall verzichten sollte. Sie sind im Übrigen eine der Voraussetzungen für die 100 km/h-Erlaubnis.
Ein noch komfortableres Fahrverhalten versprechen Schraubenfederfahrwerke nach Automobilstandard, wie sie bereits vor vielen Jahren von der Firma Westfalia verbaut wurden und heute von vielen Herstellern angeboten werden. Hier federt jedes Rad einzeln, d.h. beim Überfahren von Kantsteinen hebt sich nur das eine Rad und nicht die gesamte Anhängerseite. Vielfahrer, die viel auf ruppigen Land- und Dorfstraßen, womöglich mit Kopfsteinpflaster unterwegs ist, sollten sich diese Anschaffung überlegen.
Wer einmal – wie die Autorin dieses Beitrags – mit einem zerschlissenen Reifen am Pferdeanhänger liegen geblieben ist, weiß: Nie wieder ohne Reserverad. Zwar kann man einige Kilometer mit nur drei Rädern fahren, für längere Strecken empfiehlt sich das aber nicht. Aus dieser Not kann auch ein Pannenservice nicht retten: Er hievt zwar den Anhänger auf einen Transporter und fährt ihn zu nächsten Reifenhändler, die Pferde müssen aber draußen bleiben…
Immer im Bilde: Die Videokamera
Gerade für Fahrten mit transportunerfahrenen Pferden oder solchen, die sich nicht gut vertragen, mag es sinnvoll sein, eine Videokamera zur permanenten Überwachung anzubringen. Dafür gibt es sehr preiswerte mobile Systeme, die das Bild per App auf das Smartphone übertragen (z.B. „Small Eyes – Big World“) und nach der Fahrt auch noch als Rückfahrkamera am Heck des Anhängers das sichere Einparken erleichtern.
Das sichere Zugfahrzeug
Es ist eigentlich eine Binsenweisheit: Das Zugfahrzeug braucht die notwendige Anhängelast. Wer als Züchter überwiegend ein Pferd oder Stute mit Fohlen transportiert, kommt mit einem leichten Pferdeanhänger, eventuell sogar einem sog. „Anderthalber“ aus, der eine Stute mit Fohlen transportieren kann. In diesem Fall reichen Anhängelasten von 1,6 bis 1,8 Tonnen, die auch mit kräftigeren Limousinen oder Kombis bewältigt werden können.
In vielen Fällen sind es aber zwei Pferde, die zu Turnieren oder auf eine Urlaubsreise mitfahren, meistens auch mit einer vollen Sattelkammer. In Anbetracht der Anhänger-Leergewichte von 850 bis mehr als 1.000 kg benötigen wir für die immer größeren und damit schwereren Pferden Anhänger mit 2,2 bis 2,4 Tonnen Gesamtgewicht. Entsprechend hoch muss die Anhängelast des Zugfahrzeuges sein. Hier kommen die beliebten SUVs ins Spiel. Bestellt man dann noch den Allradantrieb, ist man auch auf schlechten Straßenverhältnissen auf der sicheren Seite.
In jedem Fall ist für eine sichere Fahrt ein Antischleudersystem mit Anhängerstabilisierung zu empfehlen, das heute in jedem modernen Fahrzeug angeboten wird. Auch Assistenzsysteme wie adaptiver Tempomat mit Stauassistent und Spurhalter gestalten längere Fahrten vor allem mit Tempo 80 in der LKW-Schlange nicht nur komfortabel, sondern sicherer.
Vorausschauende Reiseplanung
Pferde verladefromm, Anhänger und Zugfahrzeug in sicherem Zustand vorhanden, bleibt noch die Fahrt als solche zu planen.
Für kurze und bekannte Strecken ist da wenig zu tun. Gilt es aber, länger unterwegs zu sein, sollte die Wegstrecke zum Beispiel auf Google Maps geplant werden. Für Fahrer und Pferde ist es in jedem Fall angenehmer, einen etwas längeren Umweg über Autobahnen und gut ausgebaute Landstraßen in Kauf zu nehmen als durch kleinere Dörfer mit häufigem Anhalten zu kurven. Wer sich auch für etwaige Unfälle oder unfreiwillige Übernachtungen absichern will, recherchiert Pferdekliniken und Ställe auf der Strecke.
Strecken von drei bis vier Stunden sind „in einem Rutsch“ zu fahren. Bei längeren Touren können alle vier Stunden kurze Pausen eingeplant werden, in denen man den Pferden etwas Futter und Wasser anbietet. Letzteres wird oft verschmäht, manche trinken es aber auch dankbar. In jedem Fall wichtig ist für längere Fahrten ein Heunetz – einmal zur Beschäftigung und zum anderen, dass immer ein wenig Futter in den Magen gelangt.
Ins Transportgepäck gehören in jedem Fall die Pferdepässe, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Zur Sicherheitsausrüstung zudem Ersatzhalfter und Stricke, Longen und Longierpeitschen für den Notfall einer „Ladehemmung“. Je nach Jahreszeit empfiehlt es sich, die Pferde wenigstens mit leichten Abschwitzdecken einzudecken.
Zur Frage, ob Transportgamaschen sinnvoll sind, gibt es unterschiedliche Ansichten: Für Fohlen wohl auf keinen Fall, für ältere Pferde vor allem dann, wenn sie beschlagen sind, sie durchaus sinnvoll. Dann ist der empfindliche Kronrand geschützt, falls sich das Pferd beim Ausbalancieren aus Versehen selbst auf die Hufe tritt. Sollte an ungeschützten Beinen beim Ein- und Aussteigen doch eine kleinere Schramme auftreten, ist ein Erste-Hilfe-Kasten mit Desinfektionsmitteln, Kompressen und ausreichend langen Bandagen angeraten.
Letzte Kontrolle und los!
Vor jedem Start sollten die Anhänger-Leuchten, also Blinker und Bremslichter sowie der Reifendruck überprüft werden. Der Boden muss wenigstens im hinteren Drittel eingestreut werden. Zum einen, weil es laut Viehverkehrsverordnung (VVVO) § 1 Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 gesetzlich vorgeschrieben ist, zum anderen, weil die Pferde einen noch besseren Stand haben. Späne sind hier besser als Stroh, weil Letzteres Urin nur schlecht aufsaugt, leicht rutschig wird und stinkt.
Selbst sicher fahren…
Last but not least ist die eigene Fahrsicherheit und Routine zu bedenken: Wer als 17- oder 18-Jähriger erst ein paar Tage den Führerschein hat, sollte langsam an das Thema Anhängerfahren herangehen und die ersten Übungsfahrten ohne Pferde unternehmen, um ein Gefühl für Anfahren, Kurven oder Bremsmanöver zu entwickeln.
Eine gute Idee für alle Gespannfahrer ist übrigens ein ADAC-Anhängerfahrsicherheitstraining. Selbst routinierte Gespannfahrer können dabei vor allem für das richtige Verhalten in Gefahrsituationen noch viel lernen!
Und nun: Allzeit einen sicheren Pferdetransport!