Die Turnier- und Reisesaison ist in vollem Gange. Die nächsten Starts sind genannt oder die Reiterreise an die Nordsee gebucht. Ausgerechnet jetzt fällt der Pferdeanhänger wegen eines Schadens aus – was tun?
Nicht jeder steht mit einem Pferd in einem großen Reitstall, auf dessen Parkplatz eine ausreichende Anzahl an Pferdeanhängern steht, deren Eigentümer – wenigstens, wenn man sie besser kennt – spontan mit ihrem Fahrzeug aushelfen können und wollen. Und auch da ist Umsicht angesagt.
Der Freundschaftsdienst: Einfach einen Pferdeanhänger ausleihen?
Denn immer, wenn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen, stellt sich die Frage nach der Haftung, wie man sie vermeidet oder zumindest über eine Versicherung abdeckt.
Der Halter eines Pferdes haftet immer, wenn sein Pferd den fremden Anhänger beschädigt. Diese Haftung folgt aus § 833 BGB. Wer nun glaubt, die Tierhalterhaftpflichtversicherung werde den Schaden ersetzen, kann irren: Die Mehrzahl der Versicherungsverträge schließen die Haftung an geliehenen, gemieteten oder gepachteten Sachen aus. Sind also sog. „Mietsachschäden“ nicht ausdrücklich gedeckt, haftet der Pferdehalter und muss demzufolge den Schaden selbst bezahlen. Dieses Haftungsrisiko kann der Pferdehalter nur dadurch vermeiden, indem er mit dem Eigentümer des Anhängers die Tierhalterhaftung ausschließt.
Wie sieht nun der umgekehrte Fall aus, dass nämlich Mängel des Anhängers das Pferd verletzen? Der klassische Fall ist, dass der Boden verrottet ist und durchbricht. Möglich sind auch scharfe Kanten oder ungesicherte Schrauben an der Wand.
Bei einem geliehenen Pferdeanhänger ist die Haftung des Verleihers deutlich eingeschränkt. Gem. § 599 BGB haftet der Verleiher nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das bedeutet, dass der Verleiher für den nicht erkennbar verrotteten Boden nicht haftet. Er würde nur dann haften, wenn er von den Schäden am Boden gewusst hätte oder aber die Schäden am Anhängerboden so offensichtlich waren, dass der Mangel nicht übersehen werden konnte.
Wird der Anhänger geliehen, sollte man also genauestens prüfen, ob er auch sicher bzw. mangelfrei ist. Die Möglichkeit später vom Eigentümer Ersatz zu erhalten, ist ziemlich gering.
Mehr dazu finden Sie in dem Beitrag „Pferdeanhänger (ver)leihen und (ver)mieten“
Die kommerzielle Miete
Soll der Anhänger kommerziell gemietet werden: Google weiß wie immer Rat. Auf die Eingabe „Pferdeanhänger mieten Nähe Rahlstedt, Hamburg“ fördert die Suchmaschine in 0,61 Sekunden passende Ergebnisse. Auch hier findet sich die Rubrik „Pferdeanhängervermietung“ mit einer rund 120 Anbieter umfassenden Liste, die nach allen Kriterien durchsucht werden kann.
Böckmann hat seit kurzem die Plattform „Böckmann Rent“. „Auf der Website wird das Mietangebot unserer Fachhändler gebündelt, damit der Endkunde einen besseren Überblick erhält. Durch die Auswahl des passenden Händlers, der Fahrzeugart und dem Zeitraum der Vermietung werden zur Verfügung stehende Fahrzeuge aufgelistet und können über die Plattform direkt gebucht werden“, erklärt Stella Böckmann, Mitglied der Geschäftsleitung bei den Böckmann Fahrzeugwerken in Lastrup.
Aber wie läuft das konkret ab? Henrik Weidemann, Inhaber des Miet-Fix Anhänger-Center in Hamburg erklärt beispielhaft den typischen Ablauf: „Sie rufen bei uns an und reservieren das passende Fahrzeug. Derzeit haben wir einen Böckmann Duo und einen Böckmann Champion Esprit in der Vermietung. Bei der Abholung zeigen Sie uns Führerschein und Personalausweis und bezahlen den Mietpreis im Voraus. Das kostet pro Tag 50 Euro, für ein Wochenende von Freitag bis Montagfrüh pauschal 100 Euro. Selbstverständlich muss das Fahrzeug am Ende mindestens besenrein übergeben werden.“
Ganz ähnlich verhält es sich bei Dennis Ahrens vom PKW-Anhänger-Center Ahrens in Stuhr bei Bremen, allerdings ist man dort bereits mit 35 Euro pro Tag bzw. 65 Euro fürs Wochenende dabei. „Wir vermieten derzeit das Modell Atec Thensa 2500 mit 1.580 kg Zuladung. Damit können Pferde nahezu aller Gewichtsklassen transportiert werden. Bei Rückgabe sollte der Anhänger nicht nur besenrein sein, sondern gründlich mit Wasser ausgespült werden. Dafür bitte einen einfachen Schlauch verwenden und keinesfalls einen Hochdruckreiniger“, so Dennis Ahrens.
In allen Fällen sind die Fahrzeuge haftpflichtversichert, manche haben auch eine Teilkasko-Versicherung, bei der das Diebstahlrisiko abgesichert ist. Vollkasko gibt es nach den Recherchen nicht, hier ist der Mieter in der Pflicht.
Schnell einen Neuen kaufen?
Ganz anders sieht die Sache bei einem Totalsachaden des eigenen Pferdeanhängers aus. Jetzt geht es an die mühevolle Suche nach einem Ersatz. Neu oder gebraucht ist hier die Frage. Wobei „neu“ momentan schwierig werden kann, zumindest dann, wenn man besondere Wünsche hat und ein Neufahrzeug bestellen möchte.
Mit ein wenig Glück ist aber ein passendes Modell doch verfügbar, wie Michael Blömer, Vertriebsleiter Deutschland bei Humbaur weiß: „Bei uns haben alle Händler jederzeit Fahrzeuge vom Einsteiger- bis zum Luxusmodell auf Lager und meistens auch in der Vermietung. Über die Händlersuche auf der Webseite Humbaur.com findet man über PLZ und Ort den nächstgelegenen kompetenten Ansprechpartner, der gerne weiterhilft.“
Gegen den Trend langer Lieferzeiten sind Pferdeanhänger der Marken Anssems und Atec sofort oder sehr schnell verfügbar: „Unsere Firmenleitung hat bereits am Anfang der Corona-Krise Weitblick im Frühjahr 2020 bewiesen und sofort etwa doppelt so große Mengen an Stahl, Aluminium und Polyestergranulat bestellt wie dies unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre“, berichtet Anssems-Vertriebsleiter Thomas Friemel. Aber nicht nur die großen Lagerbestände an Grundmaterialien, sondern auch die komplett eigene Herstellung in Bad Bentheim macht es Anssems leicht, sofort zu liefern. „Wir produzieren alle Polyesterhauben und -Bugformen selbst und sind daher nicht von halbfertigen Teilen aus anderen Ländern und damit etwaigen Logistikverzögerungen abhängig“, so Friemel weiter. Mehr dazu hier.
Die längsten Lieferzeiten gibt es derzeit bei den Herstellern aus Großbritannien, wie Torsten Ruser, Geschäftsführer von Ruser Anhängervertrieb aus dem schleswig-holsteinischen Schönwalde bestätigt: „Wir haben einige Anhänger auf Lager und bis August und September im Vorlauf. Wenn es aber ein Ifor Williams nach eigenen Wünschen sein soll, kann es auch bis 2024 dauern. Ein großes Problem, das alle Hersteller betrifft, ist die Preisvereinbarung. Es gilt meistens der Preis zum Termin der Auslieferung und wenn wir Lieferfristen von mehreren Monaten haben, kann der Preis schnell um ein paar Prozent klettern.“
Gebrauchte: Gesucht und teuer
Soll es also sehr schnell gehen und ist das Budget begrenzt, bleibt der Kauf eines gebrauchten Pferdeanhängers. Ähnlich wie im PKW-Bereich liegen die Preise hier derzeit auch relativ hoch: „Da kann es schnell passieren, dass ein zwei Jahre alter Gebrauchter heute soviel kostet wie er damals neu gekostet hat“, weiß Torsten Ruser.
Da hilft nur akribisch auf die Suche zu gehen und Augen auf, wie Stella Böckmann weiß: „Bei Gebrauchtfahrzeugen sollte auf gefährdete Stellen geachtet werden wie zum Beispiel der Boden, Bremsen, Elektrik, Kabel, Reifen und der Aufbau mit seiner Unterkonstruktion, dem Dach und den Seitenwänden. Außerdem ist der Standplatz des Anhängers, überdacht oder draußen, ein Hinweis auf den Zustand des Fahrzeuges. Ebenfalls tragen regelmäßige Pflege und Wartung zur Erhaltung der Lebensdauer bei. Optimal ist es, wenn der Verkäufer regelmäßige Anhängerchecks nachweisen kann, die wir zweimal im Jahr empfehlen“.
Eines der anfälligsten Teile eines Pferdeanhängers ist der Holzboden. Da er im wahrsten Sinne des Wortes ein tragendes Teil ist, darf er weder innen noch außen morsch sein. Überprüfen lässt sich das, indem man in den Pferdeanhänger steigt und auf dem Boden wippt. Ist er mit Wasser vollgesogen oder das Holz marode, gibt er nach. Außerdem ist er von unten zu untersuchen, indem man ihn mit einem Schraubendreher abklopft.
Durch Abtasten lassen sich auch Fehlerstellen an der Bordwand finden. Ein Polyesterdach darf keine Haarrisse haben, speziell nicht in den Ecken. Von dort können sie leicht weiterreißen. Alle vorhandenen Fenster müssen sich öffnen lassen.
Unerlässlich ist eine Kontrolle von Beleuchtung, Stecker und Verkabelung. Alle Steckverbindungen müssen fest und alle Kabel ordentlich und ohne scharfe Knicke verlegt sein. Außerdem darf deren Isolierung nicht brüchig sein oder gar offene Risse haben.
Die Funktion von Bremsen und Auflaufvorrichtung muss bei einer Probefahrt überprüft werden. Gibt es beim Anfahren einen Ruck oder beim Bremsen einen Schlag von hinten, deutet das auf einen defekten Auflaufdämpfer hin. Die Führung der Auflaufvorrichtung muss rostfrei sein. Die Bremsen selbst lassen sich nur durch Zerlegen oder auf einem Prüfstand gründlich inspizieren.
Das Kupplungsmaul darf auf keinen Fall ausgeschlagen sein, damit sich der Pferdeanhänger nicht im Extremfall selbst abhängt. Außerdem darf es kein Spiel haben. Nachprüfen lässt sich das, indem man im angehängten Zustand an der Deichsel wackelt oder einen Blick auf die Verschleißanzeige wirft (sofern vorhanden). Das Normmaß beträgt 50, die absolute Verschleißuntergrenze 49 Millimeter.
Da die meisten Pferdeanhänger breiter als ihre Zugwagen sind, stoßen sie hin und wieder gegen Bordsteinkanten. Das kann ebenso wie Überladung zu verbogenen Achsen führen. Zu erkennen ist dies an einem negativen Radsturz (Rad steht unten weiter außen als oben) oder mit einem Blick unter den Pferdeanhänger. Verdächtig ist auch ein einzelner neuer Reifen vorn rechts.
Die Reifen dürfen für eine 100 km/h-Zulassung nicht älter als sechs Jahre sein. Ein Code auf der Flanke gibt das Alter an. Andernfalls sollte man nach einem Kaufbeleg fragen. Außerdem müssen die Reifen korrekten Luftdruck aufweisen. Denn ein zu hohes Alter oder zu niedriger Reifendruck können während der Fahrt zum Platzen führen. Und das möchte keiner gerne erleben.