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Pferdeanhänger-Zugfahrzeugtest Mercedes G 400 d: Genialer Gelände-Gigant

Von Doris Jessen, geschrieben am 23. September 2022

Mercedes G 400 d
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Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-45-e1663861725354Mit dem Mercedes G400 d spannten wir eine Ikone der Luxus-Geländewagen vor den voll bepackten Ifor Williams HB 511. Ein Kinderspiel für den 243 kW (330 PS) starken und mit 700 Nm Drehmoment kantigen Giganten, der als einer der besten Geländewagen der Welt gilt und dessen Fahrverhalten sich auch auf der Langstrecke als untadelig erwies. Seine wahre Bestimmung findet er als einer der besten Geländewagen der Welt allerdings jenseits der Straße.

 

1979 begann mit der Fertigung der G-Klasse die Erfolgsgeschichte, die heute – rund 400.000 Modelle wurden bisher verkauft – als Offroad-Ikone gilt. Laut Hersteller soll das Modell auch eine emissionsfreie Zukunft haben: Die Baureihe wird elektrifiziert. Aber so weit ist es noch nicht, daher fuhr unser Testwagen in strahlendem Diamantweiß mit schwarzen Dekorelementen als 3-Liter Diesel mit 330 PS vor.

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Das Exterieur: Klassisch Offroad

Seit mehr als 40 Jahren einzigartig ist das kantige Exterieur mit markanten Elementen, die der G-Klasse bis heute ihr einzigartiges Aussehen verleihen und den Eindruck vermitteln, das Auto sei für die Ewigkeit gebaut: Die funktionale, robuste Front mit kreisrunden LED-beringten Scheinwerfern und aufgesetzten Blinkern, klare Linienführungen und große, plane Flächen bestimmen die Seitenansicht. Charakteristisch sind die außenliegenden Türscharniere, die seitliche Außenschutzleiste und das exponierte Ersatzrad an der Hecktür. Die Radlaufverkleidungen und die breite Spur vermitteln den Eindruck solider Kraft. Die braucht man im Übrigen auch, um die Türen zu öffnen und wieder zu schließen. Kein leises „Sesam öffne dich“ und „Softclose“. Nein – da muss ordentlich am robusten Griff gezogen und die Tür krachend geschlossen werden. Oft genug sind wir noch einmal ausgestiegen, weil die hintere Beifahrertür eben nicht ganz zu war. Aber daran gewöhnt man sich.

Offroad-Tradition, aber im täglichen Gebrauch nicht so praktisch ist die schwere seitlich angeschlagene Hecktür mit dem ausladenden Reserverad: Sie schwenkt gut einen Meter nach hinten aus und braucht daher zum Beladen viel Platz auf dem Parkplatz.

Das Interieur: Großzügig und top-komfortabel

Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-2 Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-13-e1663938615838Genauso wie an das Einsteigen in die hohe Kiste, die für kleinere Personen unter 1,65 m zur Kletterpartie wird: Das Trittbrett dient gewissermaßen als Aufstiegshilfe, mit der rechten Hand am Innengriff schwingt man sich mehr oder weniger elegant hinein, um auf dem top-komfortablen ledernen „Aktiv-Multikontursitz“ zu thronen. Er ist natürlich elektrisch personalisierbar, gleitet vor dem Aussteigen etwas zurück und nach dem Einsteigen wieder in die eingestellte Position. Auf längeren Fahrten wird er uns noch mit seinen Massageprogrammen entspannen, acht an der Zahl. An heißen Tagen sorgt die Sitzbelüftung für einen kühlen Rücken. Unterstützt wird das Gefühl der Weite noch durch das große elektrische Glasschiebedach, das auch offen wenig Zugeffekte zeigte.

Innen angekommen, beeindruckt das großzügige, weiträumige Interieur sowohl vorne als auch im Fond. Kein Wunder, denn die G-Klasse ist 4,8 m lang, 1,93 m breit und 1,97 m hoch. Da kann man als Cowboy auch den Stetson auf dem Kopf lassen. Hervorragend ist dank der Fahrzeughöhe (die Bodenfreiheit beträgt rund 24 cm) und der steilen Frontscheibe die Übersicht.

Geradezu futuristisch wirkt das Anzeigekonzept, das auf Knopfdruck zum Leben erwacht: Zwei 12,3-Zoll-Bildschirme für Instrumenten-Display und Media-Display sind unter einer durchgängigen Glasscheibe zusammengefasst. Mit drei Anzeigestilen können wir die Darstellung des Instrumenten-Displays ganz individuell anpassen an. Auch die Ambientebeleuchtung lässt sich in 64 wählbaren Lichtstimmungen personalisieren.Mercedes-G-40-d-Ambientebeleuchtung

Der Testwagen verwöhnt seine Passagiere zudem mit dem „G manufaktur Interieur Plus“, dessen Zierelemente hier aus offenporiger schwarzer Esche und die Haltegriffe in hautsympathischem Leder gefertigt sind, ebenso wie die Tür-Innenverkleidungen und das Armaturenbrett. Alle Instrumente – und das empfinden wir als großen Vorteil – sind mit Knöpfen und Drehreglern schnell zu bedienen, die klimatisierte Luft strömt aus kreisrunden und leicht verstellbaren Düsen.

Das Zugfahrzeug: Schwergewichte herzlich willkommen

Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-24 Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-26Also auf zum Pferdeanhänger, an dessen Deichsel den wir dank hervorragender Rückfahrkamera problemlos heranfahren. Die Anhängerkupplung (man glaubt es kaum, sie ist in der Serienausstattung inklusive) ist fest installiert. Das ist praktisch, weil nichts einzuklinken und wieder herauszunehmen ist oder elektrische Systeme haken können.


Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-27Pferdeanhaenger-Zugfahrzeugtest-Mercedes-Benz-G-w-28Beim Ankuppeln ist das Reserverad etwas im Weg und auch die Steckdose zum Anschließen des Pferdeanhängers hätten wir uns etwas höher gelegen gewünscht. Um den Stecker in die Dose einzudrehen, muss man sich nämlich entweder extrem tief bücken oder sogar auf die Knie begeben – bei Matschwetter eindeutig ein Nachteil, zumal mit empfindlicher Turnierkleidung.

Abhängig von der Deichsellänge und Positionierung des Stützrades des jeweiligen Pferdeanhängermodells lässt sich die Hecktür u.a. auch wegen des großen Reserverades nicht ganz öffnen.

Das war’s dann aber auch schon mit den kritischen Anmerkungen, alles andere ist perfekt: Das hohe Eigengewicht von 2.500 kg erlaubt es uns, auch den auf 2,7 Tonnen Gesamtgewicht zugelassenen Ifor Williams HB 511 mit 100 km/h zu fahren. Hat der Pferdeanhänger eine Antischlinger-Kupplung, darf er dafür sogar 3 Tonnen wiegen (mehr dazu hier). Die Stützlast beträgt 140 kg und wer für auf dem Turnier zur Übernachtung ein Dachzelt nutzen möchte, darf das bis 150 kg wiegen.

Es war also keine Überraschung, dass der Gelände-Gigant den Pferdeanhänger völlig mühelos und für den Fahrer unmerklich über das tiefe Feld  schleppte und dank Allradantrieb und 700 Newtonmeter Drehmoment auch die tief ausgefahrene Toreinfahrt mit Bravour passierte. Und wenn es einmal extrem wird, bringen einen die drei Differentialsperren mit 100-prozentiger Sperrwirkung sicher durch jedes Terrain. Das ist dann aber etwas für wahre Offroad-Fans und hier nicht unser Thema.

Die Fahrassistenten: auf modernstem Niveau

Auch auf der circa 200 Kilometer langen Fahrt zum Pferde-Urlaubshotel verwöhnte das Schwergewicht mit höchstem Fahrkomfort.

Nun lernten wir das MBUX-Infotainmentsystem mit seinem 12,3 Zoll großen Bildschirm und die u.a. damit umfangreichen Fahrassistenten schätzen. Es ist sowohl über Tasten, ein Touchpad mit Controller oder einen Drehregler zu bedienen. Letzterer dient u.a. dazu, Navigationsadressen Buchstabe für Buchstabe etwas kompliziert einzugeben. Einfacher ist da die Eingabe per Sprachbefehl. Die Bluetooth-Kopplung des Smartphones funktionierte einwandfrei und schnell.

Einmal unterwegs, hindert Abstandstempomat auch bei Stau daran, zu dicht aufzufahren, vor unbedachtem Überholen wird man mit Ton und Lichtpunkt in den Außenspiegeln gewarnt. Ist es dann soweit, zieht das leistungsstarke Fahrzeug souverän an.

Wer möchte, kann dank der Kennzeichenerkennung das Tempomanagement komplett dem Fahrzeug überlassen. Das sorgt zudem dafür, dass immer die korrekte Geschwindigkeit gefahren wird. Bei Nacht leuchten die LED-Multibeam Scheinwerfer in Verbindung mit adaptivem Fernlicht die eigene Spur hell aus, während für den Gegenverkehr abgeblendet wird.

Der Laderaum: Hohe Kante

Die Laderaumkante liegt mit 75 cm recht hoch, ist gerade deshalb aber praktisch für das Ein- und Ausladen schwerer Gegenstände. In unserem Testmodell lag eine rutschfeste Gummimatte. Schade, dass nicht der ganze Kofferraum offroad-typisch mit glatten Oberflächen ausgestattet ist. Der weiche Velours ist zwar schick, wirklich sinnvoll ist er für robusteren Arbeitseinsatz oder die Mitnahme von Hunden leider nicht.

Kleinere Utensilien finden in einem seitlichen Staunetz Platz. Die Installation des Trennnetzes war schnell passiert. Mit aufgestellter Rückbank bietet der Laderaum 667 Liter Volumen, maximal sind es 1.941 Liter. Die Rückbanklehne lässt sich leicht umklappen, was aber nur wenig Platzgewinn bringt. Um die komplette Laderaumlänge nutzen zu können, sind vor dem Umlegen der Rückbänke zunächst die Sitzkissen nach vorne zu klappen und die Kopfstützen herauszunehmen. Ganz gerade wird die Fläche allerding nicht.

Die sportliche Seite: Durchaus dynamisch

Des Pferdeanhängers entledigt, beweist das Schwergewicht auch seine sportliche Seite: In 6,4 Sekunden beschleunigt er von 0 auf 100 km/h, bei 210 ist die Spitze erreicht. Trotz der nicht gerade optimalen Aerodynamik liegt das Fahrzeug satt auf der Straße.

Je nach Fahrsituation oder eigenem Geschmack können wir mit dem Dynamic Select Schalter zwischen individual, Sport, Comfort, Eco und Desert ( Sand) wählen. Situationsabhängig werden in den Farbprogrammen Eco und Comfort kurzzeitig Zylinder abgeschaltet, im Fachjargon „segelt“ das Fahrzeug dann und benötigt keinen Kraftstoff. Dies passiert zum Beispiel bei Bergabfahrten oder beim langsamen Ausrollen auf eine Ampel.

Geht es an die Parkplatzsuche in der Stadt, braucht man etwas mehr Geduld als mit den gewohnten Kompaktwagen. Allerdings wird der Parkvorgang durch einen entsprechenden Assistenten unterstützt. Speziell in engen Parkhäusern leistet die Rundum-Kamera wertvolle Dienste und informiert zentimetergenau, ob nach allen Seiten noch ausreichend Platz ist.

Der Verbrauch lag für einen Koloss dieser Größenordnung im durchaus vertretbaren Rahmen: Mit Pferdeanhänger pendelte er sich bei 12 Liter Diesel ein; ohne kamen wir, allerdings moderat im Eco-Programm gefahren, mit 10,5 Litern aus.

Fazit

Natürlich kann man das 330 PS starke und mit Sonderausstattung ab 114.000 Euro (Serienpreis Stand 9/22) teure Top-Modell unter den Luxus-Geländewagen nur dazu nutzen, um ihn vor schwere Pferdeanhänger zu spannen, deren Parkplätze gelegentlich über matschige Böden zu erreichen sind. Oder um top-komfortabel nach Sylt oder zum Tegernsee zu reisen und sein Image zu pflegen. Dafür gibt es aber auch andere, vielleicht passendere Modelle der Stuttgarter Premium-Schmiede.

Seine wahre Bestimmung findet er als einer der besten Geländewagen der Welt nämlich im schweren Gelände über Stock und Stein und bei Wasserdurchfahrten bis zu 70 cm Tiefe. Wer also in unwegsamen Gebirgsregionen auf Jagd gehen oder in der andalusischen Wüste von Tabernas durch den Sand pflügen möchte, wird an der Gelände-Ikone seine wahre Freude haben.

Technische Daten Mercedes G 400 d

Länge (mm)4.817
Breite (mm)1.931
Breite mit Außenspiegeln (mm)2.187
Höhe (mm)1.969
Wendekreis (m)13,6
Bodenfreiheit (mm)2410
Kofferraumvolumen (Liter)667 - 1.941
Zul. Gesamtgewicht (kg)3.150
Leergewicht (kg)2.508
Zuladung661
Anhängelast (kg)3.500
Stützlast (kg)140
Motor2.925 6-Zylinder Diesel
Maximae Leistung kW (PS)243 (330)
Drehmoment Nm700
Beschleunigung 0 - 100 km/h6,4 sek
Höchstgeschwindigkeit210
Verbrauch WLTP (Herstellerangaben) kombiniert9,8 - 8,7 Liter Diesel
CO2-Emission (g/kg)235 - 229
SchadstoffklasseEU6d-te,p
Versicherungsklass Haftpflicht - Teilkasko - VollkaskoHP 21 / TK 31 / VK 29
Neupreis Euro (Serie)113.996
Testwagenpreis inkl. Sonderausstattung149.690

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