Im Herbst 2019 schickte Volkswagen seinen brandneuen und technisch komplett überarbeiteten Passat in den Test mit Pferdeanhänger. Passend zu dieser Aufgabenstellung kam er als Allrad-Crossover „Alltrack“ mit Offroad-Fähigkeiten in der anzugsstarken 2.0 TSI Motorisierung mit 200 kW (272 PS), Automatik und 2,2 Tonnen Anhängelast, die er mit zwei Anhängermodellen souverän vom Fleck zog. Der Serienpreis beginnt bei knapp unter 50.000 Euro.
Der VW Passat ist seit 1973 mit 30 Millionen verkauften Fahrzeugen der erfolgreichste Mittelklassewagen weltweit: So ist er als Flottenfahrzeug auf Unternehmensparkplätzen ebenso zuhause wie als geräumiger Begleiter für Familien oder Sportbegeisterte mit viel Platzbedarf für ihr Hobby. Und vor dem Luxusrestaurant macht er mit sportlich-eleganter Linie ebenfalls eine gute Figur. Ein Allrounder eben, im wahrsten Sinne des Wortes und das vor allem in der vor dem Pferdeanhänger getesteten Version Alltrack mit – wie sollte es anders sein – Allradantrieb, 172 mm Bodenfreiheit und 7-Gang-DSG.
Mehr als nur Facelift: Motoren auf modernstem Stand
Während das Facelift im Exterieur gegenüber dem Vorgänger sicherlich nur Insidern auffällt, haben sich die Ingenieure vor allem die technischen Werte betreffend ins Zeug gelegt: Schadstoffarme TSI Benzinmotoren mit Partikelfilter und 6-d-temp-Norm, modernstes „always on“-Infotainment und leistungsstarke Fahrassistenten bis hin zum teilautomatisierten Fahren sind die wichtigsten Stichworte.
Elegant, sportlich, robust
Wer nun glaubt, beim eigentlich eher für robusten Einsatz konzipierten Alltrack-Modell gehe es im Innenraum sparsam zu, der irrt gewaltig: Hat man das Gefährt schlüssellos geöffnet und Platz genommen, schnurren die weißen Lederpolster elektrisch in die passende Position und verfügen über Lendenwirbelstütze und Massagefunktion. Der heizbare Komfortsitz garantiert, dass er, einmal aus 14 Varianten programmiert, zum bequemen Aussteigen zurückgleitet und sich vor dem nächsten Start nach dem Anlassen des Motors wieder in die Fahrerposition begibt. Für den Einsatz speziell im Pferdesport sinnvoll dunkel gestaltet ist der Fußraum, denn wir wissen alle, dass Reitstiefel speziell in den Herbst- und Wintermonaten aus dem Stall selten sauber nachhause fahren.
Gegen neugierige Blicke und für heiße Tage sind die hinteren Scheiben getönt und bieten zusätzlich herausziehbare Sonnenblenden. Auch bei den Farbkombinationen herrscht kühle Eleganz: Die Türen sind ebenso wie die Sitze mit weißem Leder bzw. angenehm griffigem Kunststoff bezogen, das Armaturenbrett ist schwarz. Unterhalb der Lüftungsschlitze verläuft eine Edelholz-Dekorleiste in „Silver Birch“, die auch die beiden Türen ziert. Nahezu unerschöpflich ist die Farbauswahl für die bei Dunkelheit strahlende Ambiente-Beleuchtung, die spaßeshalber auf die persönliche Stimmung angepasst werden kann.
Platz für kühle Cola, Chips & Co.
Wie in einem für längere Reisen konzipierten Fahrzeug zu erwarten, gibt es jede Menge praktische und vor allem große Ablagen in allen vier Türen, zwischen den Sitzen, unterhalb der verstellbaren Mittelarmlehne sowie ein kühlbares Handschuhfach. Etwas flach ausgefallen ist das Smartphone-Fach, das auch über eine Induktionsladefunktion verfügt. Topmodern, aber für die meisten aktuellen Handys leider nicht nutzbar sind die kleinen USB-C-Ladebuchsen. Da hilft nur ein Adapter oder ein 12-V-Stecker mit USB-Ladebuchse. Wenigstens einen herkömmlichen USB-Anschluss hätte man dem Alltrack gönnen können.
Futtersäcke oder Nachtlager?
Mit 650 bis 1.789 Liter (bei normal gestellten bzw. umgelegten Rücksitzen) sehr groß geraten ist der Kofferraum, der sich je nach Wunsch auf Knopfdruck aus dem Innenraum, per Schlüssel oder Gestensteuerung mit dem Fuß öffnen lässt. Die Öffnungshöhe ist einstellbar, damit sie zum Beispiel nicht an das heimatliche Garagentor anstößt. Auch die Variationsmöglichkeiten mit doppeltem Boden und Seitenfächern, Gepäck- und Trennnetz lassen nicht zu wünschen übrig. Die Rücksitze lassen sich sowohl aus dem Laderaum als auch an den Rücklehnen selbst einfach umklappen, auch der Beifahrersitz legt sich auf Wunsch flach. Als Sichtschutz dient ein Rollo, das etwa für mitfahrende Hunde auch eingerollt bleiben kann.
Allumfassend online informiert
Den Startknopf gedrückt, erwacht nicht nur der Motor Benziner-typisch leise summend, sondern auch die geballte Elektronik Cockpit: Zum einen ist dies das digitale Kombiinstrument – ehedem profan mit Tacho und Tourenzähler, heute mit allen erdenklich programmierbaren Inhalten – und der auf 9,2 Zoll (23,4 cm) gewachsene TFT-Touchscreen, mit dem das umfangreiche „Discover Pro“ Infotainment zu bedienen ist. So schick das topmoderne System sein mag, ist es doch etwas umständlich zu bedienen, weil sämtliche Funktionen – vom Einschalten über Radio und Medien, Telefon, Navigation und Fahrzeugeinstellungen bis hin Apple Carplay zunächst über „Menu“ oder den „Home-Bildschirm“ aufzurufen sind. Letzterer lässt sich auf den persönlichen Geschmack anpassen und auch nahezu alle Funktionen des Infotainments steuern, besonders praktisch ist das aber dennoch nicht, weil es keine Direktanwahl z.B. für das Navi oder Radio gibt. Brandneu beim neuen System ist die Online-Connectivity-Unit inklusive integrierter eSIM. Damit ist der Passat auf Wunsch permanent online und bildet damit einen WLAN-Hotspot.
Als ebenfalls praktische Neuheit empfanden wir die Möglichkeit, Apple CarPlay nun kabellos zu nutzen. Wer also mit gefühlten DAB-100 Radioprogrammen nicht auskommt, kann via ganz persönlicher Spotify-Playliste auch original amerikanische Country Music oder Beethovens Neunte genießen.
Das „Touchen“ lässt sich allerdings sehr praktisch mit der Sprachsteuerung umgehen, zum Beispiel um Telefongespräche zu führen oder eine Zieladresse verbal einzugeben.
Um auch wirklich sicher zu gehen, dass der Fahrer jederzeit über die wichtigsten Fahrdaten sprichwörtlich im Bilde ist, werden Tempo, Verkehrskennzeichen und Tempomat-Einstellung auf das Headup-Display auf einer kleinen Glasscheibe vor der Frontscheibe projiziert. Das ist vielleicht nicht highend, erfüllt aber seinen Zweck.
Ran an den Pferdeanhänger
Im Gegensatz zum letzten Passat-Test, in dem wir ein Diesel-Modell vor den Pferdeanhänger spannten, fuhr der aktuelle Alltrack mit einem 272 PS starken 2.0 TSI-Benziner (die stärkste Benzin-Motorvariante beim Alltrack) vor. Seine Vorteile für den Einsatz als Pferdeanhänger-Zugfahrzeug: Allradantrieb und eine für eine Kombilimousine ordentliche Bodenfreiheit von 17,2 cm. Falls das Geläuf doch etwas tiefer wird, schützen vorne und am Heck die an Offroad-Einsätze angepassten Stoßfänger samt Unterfahrschutz, ebenfalls mit einem Unterfahrschutz ausgerüstete Schwellerverbreiterungen und robuste Radlaufverbreiterungen.
Den Ankuppelvorgang unterstützt die heutzutage in nahezu allen modernen Fahrzeugen verfügbare Rückfahrkamera, die hier ein sehr gutes Bild samt Führungslinien liefert. Entsprechend lautstarke Parkpiepser begleiten zudem die Annäherung an den Pferdeanhänger.
Die Anhängerkupplung wurde zuvor per Knopfdruck komplett elektrisch und daher ohne Schmutzfinger ausgefahren. Der Anhängerstecker ist ebenfalls schnell eingedreht, da sich die Steckdose praktisch zugänglich direkt am Kupplungshals befindet. Bremsseil eingehakt und los kann es gehen.
Das Drehmoment von 350 Nm reicht für den Anhängerbetrieb gut aus. Die 272 PS sorgen auch bei Überholmanövern für ein flottes Vorbeiziehen an Traktoren und bummeligen LKW, wobei wir dafür gerne den Sportmodus aktiviert haben. Das Fahrverhalten war mit dem mit zwei Pferden rund 2.100 kg schweren Ifor Williams Anhänger auf allen Straßentypen und –belägen sehr gut.
Alltrack wörtlich genommen
Der Alltrack verdient sich den Namen u.a. auch durch sein 4Motion Allradsystem. Auf guten Straßen überwiegend im Vorderradantrieb, arbeiten bei schlüpfrigen Untergründen – mit Pferdeanhänger typischerweise nasse Wiesen oder verschlammte Toreinfahrten zu Turnierparkplätzen – elektronisch geregelt die Hinterräder mit. Auch steilere Schotterwege sind so kein Problem.
Zur Serienausstattung beim Topmodell gehört die adaptive Fahrwerksregelung „DCC“, deren Fahrprofilauswahl die Modi Comfort, Normal und Sport sowie eine individuelle noch feinstufigere Einstellung des Dämpfungsverhaltens ermöglicht. Mit Anhänger haben wir uns in der Comfort-Variante am wohlsten gefühlt, in der das Fahrzeug sanft auch über Unebenheiten, wie sie auf kleineren Dorfstraßen oft üblich sind, sanft hinwegfedert. Das sichert vor allem auch den Pferden im Anhänger eine entspannte Fahrt
Achtung Gespannüberholverbot!
Mit der werksseitig eingebauten Anhängerkupplung erkennt das Fahrzeug den Pferdeanhänger, sobald die Elektrik angeschlossen ist. Damit werden auch Geschwindigkeitsgebote und Gespann-Überholverbote sowohl im Navigationsbildschirm als auch im Headup-Display angezeigt. Je nach Anhängergewicht kann die Anzeige der gültigen Geschwindigkeitsgebote im Infotainment angepasst werden, also auch auf die bei uns maximal zulässigen 100 km/h. Da unser Ifor Williams Pferdanhänger ein zulässiges Gesamtgewicht von 2,7 Tonnen hat, ist er zu schwer für den nur knapp 1.700 kg leichten Passat, um die 100-km/h-Zulassung auszunutzen. (s. hier).
Überraschend moderat blieb der Verbrauch mit Pferdeanhänger: Im Drittelmix Stadt/Land/Autobahn waren es rund 10,5 Liter Superbenzin.
Rückwärtsrangieren per Joystick
Wir haben ihn in allen VW-Modellen erlebt, sind aber jedes Mal von neuem begeistert vom genialen Trailer Assistenten. Dieser Helfer nimmt vor allem Pferdesportlern, die selten mit Anhänger fahren und/oder oft mit unterschiedlichen Modellen unterwegs sind, die früheren Bedenken vor dem Rückwärtsrangieren. Und genau das ist bei uns bereits erforderlich, um den Anhänger aus der Parklücke heraus und an die Stelle zu platzieren, an der unsere Pferde eingeladen werden.
Der Trailer Assistent wird über den Schalter für den Parkassistenten aktiviert und mit dem Drehknopf für die Außenspiegeleinstellung gesteuert. Wird der Knopf nach links oder rechts gedreht, erscheint die Wunschposition des Anhängers in Orange, ein leichtes Wippen des Joysticks rückt den Winkel zur gewünschten Richtung. Nun gilt es langsam zu beschleunigen und rückwärts zu fahren, wobei bei 7 km/h eine Warnung vor zu hohem Tempo im Display erscheint. Die Richtung kann fixiert oder während der Fahrt kontinuierlich korrigiert werden.
Travel Assist auf ganzer Linie
Aber der Trailer Assistent ist nur einer von vielen fleißigen Hilfswilligen, die nicht nur auf langen Fahrten zur Entspannung und vor allem Sicherheit beitragen. Dazu gehören u.a. natürlich der Spurhalter sowie Tempomat mit Abstandsregelung und der neue „Travel Assist“: Ein Knopf am Lenkrad gedrückt und das teilautomatisierte Fahren beginnt, in dem das Fahrzeug auf Basis von Kamera- und Navigationsdaten Geschwindigkeitsgebote umsetzt sowie auf die nächste Kreuzung oder den Kreisverkehr hinweist und auch entsprechend bremst. Gerade mit Pferdeanhänger im Schlepp ist das sehr angenehm, weil man immer bereits lange vor der Kurve weiß, was auf einen zukommt. Viele mögen das schon fast als übergriffig verstehen – wir fanden’s genial. Und wer weiter selbstständig fahren möchte, muss den Knopf ja nicht drücken…
Die früher etwas lästige Warnung „bitte Lenkung übernehmen“, die bei zu wenigen Lenkbewegungen regelmäßig erschien, ist nun mit dem neuen berührungssensitiven Lenkrad Geschichte. Jetzt erfolgt der Hinweis tatsächlich nur, wenn die Hände länger vom Lenkrad genommen werden.
Taghelle Nacht
Gerade in der dunkleren Jahreszeit – wir fuhren den Alltrack im Oktober – ist das uns bereits aus dem Touareg bekannte LED-Licht ein wichtiger Sicherheitsfaktor, weil es die Straße automatisch kilometerweit ausleuchtet. Kommt ein Fahrzeug entgegen, wird nur dessen Sektor ausgeblendet, am rechten Straßenrand bleibt es immer noch fast taghell.
Sportsprinter im Kombi-Outfit
Dynamisch geht es voran, sobald der Pferdeanhänger wieder auf seinem Parkplatz steht. Jetzt können sich die 272 Pferdchen auf der Autobahn auch einmal so richtig austoben. Sportmodus im Einsatz, sprinten wir per Kickdown auf der selten leeren Autobahn bis auf Tempo 220 km/h, in dem der Alltrack noch perfekt satt auf der Straße liegt. Zwar liegt seine Höchstgeschwindigkeit bei 250, wofür sich aber die öffentlichen Straßenverhältnisse weniger eignen. Auch kurvige Landstraßen können wir dynamisch durchfahren. Dafür sorgt die progressive Lenkung, indem sie die Stärke der Lenkbewegungen an die Fahrsituation anpasst. Aufgrund des langen Radstandes und der sehr gut abgestimmten Dämpfung liegt der Alltrack auch auf ruppigen Straßenbelägen harmonisch ruhig und empfiehlt sich daher als super bequemes Langstreckenfahrzeug.
Der Verbrauch ohne Anhänger lag im Durchschnitt bei rund 8 Litern Super Benzin.
Fazit
Der neue Passat Alltrack ist ein hervorragendes Fahrzeug für Reitsportler, die nicht nur ein robustes „Arbeitstier“ für den Einsatz vor dem Pferdeanhänger benötigen, sondern großen Wert auf hochkomfortables Reisen und zugleich sportliches Fahrverhalten legen. In der 272-PS-Motorisierung darf der Alltrack 2,2 Tonnen an den Haken nehmen. Die Serienausstattung des Passat Alltrack 2,0 TSI 4Motion kostet 49.925 Euro, mit der teilweise beschriebenen Sonderausstattung waren es beim Testwagen 72.405 Euro.
Technischen Daten
Länge (mm) | 4.888 |
Breite (mm) | 1.853 (ohne Außenspiegel); 2.083 mit Spiegeln |
Höhe (mm) | 1.527 |
Bodenfreiheit (mm) | 1720 |
Kofferraumvolumen (Liter) | 639 – 1.769 |
Wendekreis (m) | 11,7 |
Leergewicht (kg) | 1.695 |
Zul. Gesamtgewicht | 2.290 |
Zuladung (kg) | 435 – 625 |
Anhängelast gebremst, bis 12 % Steigung (kg) | 2.200 |
Stützlast | 100 kg |
Motor | 1,96 4-Zylinder Benzinmoto TSI 4Motion |
Maximale Leistung | 220 kW (272 PS) |
Maximales Drehmoment | 350 Nm bei 2.000 bis 5.400 Umdrehungen/min |
Beschleunigung | 0 – 100 in 5,8 sec |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch in Litern (Herstellerangaben) | Stadt: 9,0; außerhalb 6,1; gesamt 7,1 |
CO2-Emission (g/km) | 163 |
Schadstoffklasse | Euro 6 |
Effizienzlabel | C |
Versicherungsklasse Haftpflicht + Teilkasko + Vollkasko | 17 (HP), 23 (TK) 25 (VK) |
Neupreis € | Ab 49.925 Euro; Testwagenausstattung 72.0405 Euro |
Weitere Informationen auf www.Volkswagen.de
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