Wer hätte ihn nicht gerne, den Hochglanz-Pferdeanhänger mit elektrischer Dachklappe, Wassertank und begehbarer Sattelkammer? Dass das Fahrverhalten bei einem Luxusgefährt dieser Klasse perfekt ist, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Aber die Verhältnisse sind (meistens) ganz anders: Der schmale Geldbeutel sagt, wo es „langgeht“.
Beim Pferdeanhängerkauf heißt es vernünftig sein und zugunsten von Sicherheit und Fahrkomfort auf die Dusche zu verzichten. Oder lieber einen soliden Gebrauchten zu kaufen als einen neuen „Blender“.
Die Qual der Wahl vor dem nicht ganz preiswerten Pferdeanhängerkauf ist groß: Was braucht man wirklich? Der Blick ins Internet und in Fachzeitschriften bringt den Käufer meistens auch nicht viel weiter: Werblich perfekt geschrieben, findet man Informationen über Pferdeanhänger von der Basisausführung aus Holz mit Plane oder Polyhaube über Aluminium bis hin zum individuell gestylten Polyester-Luxusgefährt mit Wohnabteil. Also heißt es, sich genau darüber klar zu werden, was denn nun „Pflicht“ und „Kür“ ist. Diese Entscheidung sollte in erster Linie nach Sicherheitsaspekten, dann nach der Praktikabilität und schließlich nach Geschmack und luxuriösen Details fallen.
Stabil muss er sein
Klaus Böckmann, langjähriger Geschäftsführer der Böckmann Fahrzeugwerke im oldenburgischen Lastrup empfiehlt, in erster Linie auf das Fahrwerk und den Aufbau zu achten: „Es gibt verschraubte und genietete Aufbauelemente, wobei Schraubverbindungen etwas mehr Stabilität bieten und in Reparaturfällen servicefreundlicher sind“. Für ausreichend Stabilität sind seitliche Verstrebungen oder Überrollbügel und an der Heckklappe vier Streben für einen Doppelanhänger erforderlich, die besser aus Stahl als aus Aluminium sein sollten. Ansonsten ist die Wahl, ob Holz mit Polyhaube, Polyester oder Aluminium keien Frage der Sicherheit, sondern vom Geschmack und Budget abhängig.
Fragt man Anbieter gebrauchter Pferdeanhänger nach dem am ehesten sicherheitskritischen Element eines Pferdetransporters, so nennen sie immer den Boden: Bei den preiswertesten Einsteiger-Modellen ist er manchmal immer noch aus 19 bis 21 mm dickem Holz gefertigt, wahlweise mit fest verklebter oder loser Gummimatte ausgestattet. Bereits bei den mittelpreisigen Pferdeanhängern setzt sich der Aluminiumprofilboden oder die Aluminium-Kunststoff-Sandwichplatte durch. So wirbt zum Beispiel die Firma Thiel mit ihrem „Aluplast-Boden“, einer Kombination aus Aluminium und Kunststoff, auf den es 15 Jahre Garantie gibt. Auch Humbaur setzt bei seiner neuen Modellserie aufdiese Kombination. Böckmann setzt nach wie vor seinen Böckmann Vollaluminiumboden ein und gibt darauf seit 2022 sogar 20 Jahre Garantie.
Sicher gefedert
Alle modernen Pferdeanhänger haben heute Doppelachsen, die gut auf der Straße liegen. Radstoßdämpfer sind grundsätzlich zu empfehlen, für die sog. „100 km/h-Zulassung“ sind sie Vorschrift. Nach Auskunft der Zulassungsstelle weitere Regeln zu beachten. Die erste betrifft das Gewichtsverhältnis zwischen Zugfahrzeug und Anhänger. Dafür gilt folgende Faustregel:
Leergewicht des Zugfahrzeugs x 1,1 = zulässiges Gesamtgewicht des Anhängers
Mit Antischlingerkupplung erhöht sich der Faktor von 1,1 auf 1,2
Zudem darf die Anhängerbereifung nicht älter als sechs Jahre sein und muss mindestens den Geschwindigkeitsindex L (120 km/h) aufweisen.
Für den optimalen Fahrkomfort, der nicht nur den Pferden, sondern auch dem Zugfahrzeug zugute kommt, gibt es heute schon viele Hersteller, dir ihre Fahrzeuge – meistens gegen Aufpreis – mit einem dem Automobilbau ähnlichen Fahrgestell mit gegenläufig angeordneten Dreieckslenkern und Schraubenfedern ausstatten. Diese sog. „echte Einzelradaufhängung“ bewirkt, dass sich beim Überfahren von Unebenheiten nicht die ganze – z.B. linke – Seite, sondern jedes einzelne Rad hebt und senkt.
Als Deichseln sind heute nur noch V-Deichseln im Handel, die für ein sicheres und stabiles Kurvenverhalten sorgen. Die Anbringungen an der Anhängerkupplung des Zugfahrzeuges sind unterschiedlich. Hier sollte man auf schnelle und leichtgängige Handhabung und eine Einrastkontrolle achten.
Im Zweifel nachprüfen: das Gewicht
Ein wichtiger Sicherheitsfaktor ist das Gewicht des Pferdeanhängers in Relation zur Anhängelast des Zugfahrzeugs. Zwar sind die Gewichte in den Prospekten angegeben, nach der Erfahrung aus der Praxis kann man sich darauf aber nicht immer verlassen, weil oft Sonderausstattungen nicht mit eingerechnet sind. So können Holzanhänger je nach Aufbau (Plane oder Poly-Haube) mindestens zwischen 720 und knapp 900 kg, Polyester- und Aluminiumanhänger von 850 bis zu 1200 kg wiegen. Wer also sicher gehen will, sollte sich das Gewicht vom Verkäufer zusichern lassen und anschließend auf eine Waage fahren. Stimmt die Angabe nicht, so hat er einen Reklamationsanspruch. Ist das Gewicht zu hoch, birgt dies Sicherheitsrisiken beim Betrieb und kann bei einem Unfall Probleme mit der Versicherungsdeckung geben.
Rampe, Stufe und Vorderausstieg
Die Sicherheit für die Pferde beim Einsteigen und Aussteigen ist ein weiteres, wichtiges Thema. Die Laderampe sollte mindestens 1,50 lang und dadurch nicht zu steil, mit rutschfestem Trittleistenbelag ausgestattet sein. Beim Belag gibt es unterschiedliche Varianten – vom Hart- über Recyclinggummi bis hin zu Kokosteppich-artigen Stoffen.
Allerdings gibt es auch andere Konstruktionen: Hier wird die Rampe in zwei Flügeltüren geteilt oder als ganze Tür aufgeklappt und die Pferde steigen über die Stufe ein. Beim Aussteigen kann man die Tür wieder als Rampe oder den Vorderausstieg nutzen. Am bekanntesten sind die Fahrzeuge des britischen Herstellers Ifor Williams sowie die „Franzosen“ Jean-Luc Fautras, aber auch andere Marken wie Böckmann, Humbaur oder Cheval Liberté bieten mittlerweile diese Variante an. Erfahrungsgemäß nehmen die Pferde den Stufeneinstieg gerne an, auch das Aussteigen klappt nach kurzem Zögern problemlos. Pferdebesitzer, die den Anhänger auch für andere Zwecke nutzen wollen, können an dieses Fahrzeug zum Beladen mit einem Gabelstapler bequem heranfahren. Und noch ein praktischer Vorteil: Die fast immer am Heck anfallenden Pferdeäpfel lassen sich direkt in eine Schubkarre fegen, ohne die Rampe zu verschmutzen.
Der Vorteil des Vorderausstiegs ist vor allem für Turnierreiter, dass die Pferde auch am Turnierplatz einige Zeit auf dem Pferdeanhänger stehen bleiben können und dabei nach vorne durch zwei große Türen – den Ausstieg und die Inspektionstür – nicht nur den Blick nach draußen haben, sondern vor allem frische Luft. Allerdings benötigt man zum Aussteigen über die vordere Rampe seitlich etwas mehr Platz.
Viele Pferdebesitzer entscheiden sich für diese (meistens teurere) Variante, weil es für die Pferde vermeintlich einfacher ist, nach vorne auszusteigen. Speziell junge oder mit dem Transport unerfahrene Pferde nehmen diese Einladung gerne an und versuchen bei den ersten Verladevorgängen, vorne hinauszustürmen, sobald die Tür offen ist.
Sicherheit an Heck- und Bruststangen
In Extremfällen kommt es vor, dass ein Pferd im Anhänger steigt und mit den Vorderbeinen über der Bruststange hängen bleibt. Unabdingbar und daher heute Standard ist daher heute ein „Panikgestänge“ oder Sicherheitssystem. Es lässt sich von außen an einem Ring, durch den ein Stab als Hebel gesteckt wird, ohne Verletzungsgefahr für den Menschen lösen.
Ein weiteres Kriterium für ein schnelles und damit sicheres Verladen sind sog. hängende Boxenstangen, die mit einem Ende in der Halterung verbleiben und am anderen Ende leicht einzuhängen sind. Sie sind bei nahezu allen Modellen der Standard. Nur bei sehr alten Modellen muss die Stange komplett aus- und wieder eingehängt werden, was vor allem bei Pferden gefährlich ist, die gerne schnell wieder nach hinten laufen.
Bitte keine Dunkelkammer!
Angenehm für das Fluchttier Pferd ist eine helle Innenausstattung. Für das Verladen im Dunklen wichtig ist daher eine Innenbeleuchtung, die sich automatisch mit der Fahrzeugbeleuchtung einschaltet. Prinzipiell scheinen die seitlichen Fenster der Blickrichtung des Pferdes entgegenzukommen, allerdings können Pferde im hektischen Verkehr auch erschrecken. Daher statten manche Hersteller ihre Fenster mit Tönung oder eingelegten Folien aus. Wichtig sind in jedem Fall Gitter vor dem Fenster und die Möglichkeit, sie nach verschiedenen Richtungen zur Lüftung öffnen zu können.
Hier beginnt der Luxus
Die bisher genannten Ausstattungsmerkmale sind fast alle für den sicheren Transport erforderlich. Daneben findet man Praktisches bis hin zum Luxus. Waren sie früher teure Option, so sind sie heute berets in den preiswerteren Modellen in der Serienausstattung inkludiert: Die Sattelkammer. Meistens kann sie auch – dann oft gegen Aufrperis – für Western- oder Barocksättel mit herausziehbaren und schwenkbaren Sattelhaltern ausgestattet werden. In ihrer oberen Deckplatte waren früher oft Futtertröge eingearbeitet, die allerdings aufwändig sauber zu halten sind. Mittlerweile setzen sich die praktischen sind Schienen oder Haken für mobile Turnierkrippen durch. Das Heunetz zur Beschäftigung der Tiere kann am Brustgestänge angebracht werden, besser ist dafür aber ein hoch angebrachter Haken. Wichtig ist, dass die Pferde nicht in das Netz treten können.
Einige Hersteller bieten an, außen eine quer verlaufende Stange mit Anbindeösen anzubringen, auf der auch der Sattel kurz abgelegt werden kann: Ein durchaus sinnvolles Feature zum Beispiel auf dem Turnierplatz.
Last not least gibt es für Farb- und Design-Verliebte Modelle in unterschiedlichen Farben und mit künstlerischen Malereien. Sinnvoll ist laut Böckmann nach thermischen Gesichtspunkten eine helle Grundfarbe, die nicht zu viel Sonnenlicht absorbiert und das Fahrzeug wenig aufheizt: Die Idealfarbe wäre weiß, die aber unpraktisch ist. Weil sie schnell schmutzt. Beliebter ist das robuste Silbermetallic, das ebenfalls hitzereflektierend wirkt.
Helle oder gar grelle Farben – Neongelb oder Orange – werden im Straßenverkehr leichter wahrgenommen als das noble Anthrazit. Denkt man an die wahrscheinlich unvermeidlichen Kratzer, so hat sich bei Vollpolyesteranhängern die Flittereinlage durchgesetzt, weil dort Schrammen nicht so sehr auffallen. Wählt man einen Anhänger mit Holzaufbau, so sind hier ebenfalls mehrere Farben verfügbar. Das Holz ist hier nicht lackiert, sondern kunststoffbeschichtet und kann auch mit einem Hochdruckreiniger vorsichtig gesäubert werden.
Neu oder gebraucht?
Wie eingangs bemerkt, sind Sicherheit und Fahrkomfort – der gerade in Extremsituationen das Fahrzeug ebenfalls besser auf der Straße liegen lässt – das A&O bei der Auswahl des Anhängers. Hier darf man keine Kompromisse machen und sollte bei begrenztem Budget lieber einen gut erhaltenen solide gebauten gebrauchten Anhänger kaufen als einen Neuen mit papierdünnen Wänden und nur 18 mm starkem Holzboden ohne Gummimatte. Wer nicht allzu viel und weit fährt, ist auch mit einem ordentlichen Holz-Planenanhänger gut bedient. Reiterinnen und Reiter, die häufig über weitere Strecken zu Wanderritten oder Turnieren unterwegs sind, deren Pferde daher während des Transports oder auf Turnierplätzen längere Zeit in einem Fahrzeug verbringen (müssen), sollten allerdings den Pferden und sich selbst schon ein wenig Luxus gönnen: Vernünftige Belüftung und eine Sattelkammer sind dafür eine gute Grundausstattung. Tipps für den Kauf eines Gebrauchten gibt es hier.
Tipps zur Werterhaltung
Vor allem aus Sicherheitsgründen empfiehlt Böckmann wie beim Auto einmal jährlich eine Inspektion des Pferdeanhängers bei einem Fachbetrieb: „Kontrolliert werden Bremsen, Beleuchtung und Boden sowie alle mechanischen Teile, die regelmäßig abgeschmiert werden müssen.“
Eine Selbstverständlichkeit ist, Mist und eventuellen Urin nicht einfach stehen zu lassen. Zur Reinigung sollte man innen nur ausfegen oder mit einem Wasserschlauch abspritzen, weil der aggressive Wasserstrahl eines Hochdruckreinigers die Gummiversiegelung beschädigen kann. Wichtig ist, den Pferdeanhänger anschließend schräg zu stellen, damit das Wasser ablaufen kann.
Um das Fahrzeug nicht beständig Regen und Witterung anzusetzen, ist natürlich ein überdachter Standplatz ideal. Mittlerweile kann man Abdeckhauben für die Auflaufbremse aus dem Wohnwagenbereich oder sogar für das ganze Fahrzeug kaufen. Wenn möglich, sollte man das Fahrzeug auch nicht auf Wiesenboden abstellen, da die Feuchtigkeit von unten langfristig in den überwiegend aus Holz hergestellten Boden eindringt.
Pflicht beim Pferdeanhänger
- Stabiler Aufbau
- Holzboden mit 21 mm Stärke oder Alu/Kunststoffboden
- Panikverriegelung und hängende Boxenstangen
- Radstoßdämpfer
- Hydraulische Rampenhebehilfe
- Licht im Anhänger
Was ist bei Gebrauchten zu beachten?
- Brems- und Beleuchtungsanlage intakt?
- Boden auf Schwachstellen überprüfen
- Beschläge verrostet?
- Reifen nicht älter als sechs Jahre
- Holz- oder Polyesterwände ohne Bruchstellen und/oder Haarrisse
- 13-poliger Stecker oder Adapter vorhanden?
- Hebehilfe für die Rampe?
Weiterführende Links
- Hier geht’s zu den Holz-Poly-Pferdeanhängern
- Hier geht’s zu den Polyester-Pferderanhängern
- Hier geht’s zu den Aluminium-Pferdeanhängern
- Hier geht’s zu Pferdeanhängern mit großer Sattelkammer