Sommer, Sonne, Sandstrand, Segeln, Surfen, im Winter Skifahren in Südtirol, Pizza & Pasta – das sind die ersten Assoziationen beim Urlaubsland Italien. Aber auch für Pferdesportler hat das Land einiges zu bieten. So gibt es für Reiter aller Disziplinen seit dem Sommer 2015 das neu gegründete Konsortium „Cavalli Varese“: 13 Reitanlagen für Dressur-, Spring-, Vielseitigkeits- und Westernreiter sowie Gespannfahrer bieten Training sowie entspannte Ausritte im traumhaft schönen „7-Seen-Land“ in der Region Varese. Außerdem gehören noch weitere Anbieter wie Hotels, Restaurants und Hersteller landestypischer Produkte zum Konsortium, um Reitern und ihren nichtreitenden Familienmitgliedern einen abwechslungsreichen und genussvollen Urlaub zu bieten. www.mit-Pferden-reisen.de war zu Gast auf der Badi Farm, auf der Ranch Cassina Piatta und in Borgo di Mustonato.
Ferruccio Badi, Chef des Quarter Horse Zuchtbetriebs „Badi Farm“ in Sumirago bei Varese, Westerntrainer und international tätiger Turnierrichter mit Richterkarten der AQHA, NSBA APHA und FEWI, begrüßt uns herzlich. Er ist unser erster Anlaufpunkt unserer Reiterreise durch die Region Varese in der oberitalienischen Lombardei, etwa 30 Kilometer nordwestlich vom Flughafen Mailand-Malpensa.
Ferruccio ist, erkennbar bereits nach den ersten Worten des Fachsimpelns, ein Pferdemann durch und durch. Auch seine Frau Monica und die beiden Töchter sind vom hippologischen Virus infiziert. Auf seinem 55 Hektar umfassenden landwirtschaftlichen Betrieb züchtet er seit 1985 Jahren Quarter Horses überwiegend aus Reining-Linien – aktueller Deckhengst ist Mr Cody Bee von Topsail Cody- , die sich je nach Eignung aber auch als Allrounder in der Showmanship, Horsemanship, Trail und Western Riding bewähren. 14 Pferde stehen westerninteressierten Reitkunden zur Verfügung. „Wir bieten das komplette Ausbildungsprogramm, angefangen von speziellen Gruppenkursen für Kinder über Amateur- bis zum Profitraining für Ausbilder“, erklärt Ferruccio.
Wer tiefer in den Sport einsteigen will, kann eine Woche Intensivtraining mit insgesamt mehr als 50 Theorie- und Praxisstunden in der „Western Riding High School“ absolvieren: „Mit diesem College-artigen Kursprogramm, das hier und in einigen anderen italienischen Ausbildungszentren seit 1995 angeboten und immer weiter entwickelt wird, erhalten die Teilnehmer einen 360-Grad-Blick in Theorie und Praxis auf das Pferd und das Westernreiten. Dazu gehören zunächst Basisübungen, das Thema Versammlung und die Kontrolle aller Körperteile, bevor wir in die einzelnen Disziplinen einsteigen. Am Sonntag beenden wir die Woche mit einer Show. Für Kunden, zum Beispiel aus dem Ausland, die ihr Pferd nicht mitbringen können, bieten wir auch unsere Pferde an“, erklärt Ferruccio.
Die Pferde sind in luftigen Boxen und tagsüber teilweise auf Weiden untergebracht, gefüttert wird u.a. frisch gemähtes Gras vom eigenen Land.
Freundlich, aber konsequent
Einen kleinen Ausschnitt dieses Rundumprogramms erleben wir, eine Turnierreiterin und ihr eher Gelände-orientierter Ehemann, konzentriert in zwei Tagen, an denen wir insgesamt wohl an die acht Stunden im Sattel verbringen und ausführlich fachsimpeln. Bereits vor dem Reiten erklärt uns Ferruccio seine Horsemanship-Philosophie, immer freundlich, aber bestimmt mit dem Pferd umzugehen. Man sieht deutlich: Er liebt seine Pferde, zeigt uns, wie wir ganz vorsichtig das Gebiss einlegen sollen. „Wir streben hier nicht den schnellen Erfolg mit jungen Pferden an, sondern möchten unseren Kunden vermitteln, wie wichtig eine gute Kommunikation für eine langfristige Freundschaft ist“, so der italienische Trainer, der in der ganzen Welt zuhause ist: Kunden aus der Schweiz und Dänemark, Russland und Israel laden ihn regelmäßig zu mehrtägigen Kursen ein und bekommen dann Hausaufgaben bis zum nächsten Mal.
Herausforderung „Fremdpferd“
Unsere Trainingseinheiten beginnen mit klassischem Warmreiten, dann geht es um Versammlung, Schulter- und Hüftkontrolle. Eine ganz interessante Erfahrung ist das Reiten der fremden Pferde: Während das eigene Pferd zuhause quasi via Gedankenübertragung angaloppiert, schaffe ich es auf dem elfjährigen Mr. Cody Magic Rocky zunächst nicht einmal, rechts anzugaloppieren. Da gibt es, dem anderen Reiter geht es ähnlich, doch ganz deutliche Kommunikationsprobleme. Ferruccio nimmt es gelassen und korrigiert Sitz- und Schenkelhilfen geduldig und leicht verständlich, so dass es letztlich doch klappt.
Ein Highlight der Trainingsstunden ist der Trail am zweiten Nachmittag. Eine kleine Pattern für Walk-, Jog- und Lope Overs und ein Stangenquadrat werden aufgebaut, die Pferde abgeritten und los geht es. Die Hindernisse liegen anspruchsvoll eng. Zunächst erklärt Ferruccio jedes Manöver und worauf wir in den Gangarten zu achten haben, wobei ihm vor allem das gerade Anreiten und der Takt im Trab und Galopp wichtig sind. Aber das einzelne Hindernis ist ja bekanntermaßen „nur die halbe Miete“, entscheidend – hier erkennt lässt sich der Richter nicht verleugnen – ist das flüssige Durchreiten der gesamten Pattern. „Ihr müsst immer auf die Linien achten, auf der ihr ideal an die Stangen herankommt. Wenn du weißt, dass du dein Pferd nicht stark versammeln kannst, kannst du vielleicht vor einem Lope Over einen größeren Bogen reiten. Das wird in der Show flüssiger aussehen, als wenn du das Pferd unnötig herumziehst“, erklärt Ferruccio ausführlich. Und – Bingo – nach ein paar Versuchen sieht es auch auf den fremden Pferden ganz vernünftig aus.
Im Gegensatz zu den anfänglichen „Sprachproblemen“ mit den neuen Pferden ist die Verständigung mit Ferruccio dank seines hervorragenden Englisch (das sollte man selbst aber schon beherrschen, es sei denn man spricht italienisch) gar keine Hürde für den Unterricht. Besonders angenehm ist die entspannte und lockere Atmosphäre, die nicht nur in der Halle, sondern auf der gesamten Anlage herrscht. Zu Mittag tischt Monica leckeres italienisches Essen auf und zusammen mit der gesamten Familie und einem weiteren Reitschüler aus der Schweiz, der hier in einer Woche privatem Intensivtraining vom Anfänger zum Fortgeschrittenen werden möchte, haben wir in den zwei Tagen unglaublich viel Spaß und können auch viele gute Tipps mit nachhause nehmen.
Für Kunden, die auf der Badi Farm wohnen wollen, gibt es einfache Unterkünfte, aber es ist geplant, komfortable Hotelzimmer zu bauen. Wer es heute bequem haben will, wohnt im Hotel Ungheria im nahen Varese, das ebenfalls Mitglied des Konsortiums ist.
Für alle anderen Disziplinen: Borgo di Mustonato
In Borgo di Mustonate, einem kleinen Dörfchen fast am Ostufer des Lago Varese, hat sich Francesco Aletti Montano einen Traum erfüllt. Der Spross einer nahezu 200 Jahre alten Bankiersfamilie war lange Zeit im Börsen- und Bankgeschäft tätig. 2001 verkaufte er seine „Banca Aletti & Co.“ und erwarb 60 Hektar Land rund um Mustonato. Alte Häuser wurden restauriert, teilweise zu Ferienapartments und Wohnungen umgebaut und der Boden wird landwirtschaftlich genutzt.
Als begeisterter Fahrer sportlicher Zweispänner ist er Mitglied der italienischen Nationalmannschaft, die im September 2015 bei der Weltmeisterschaft in Ungarn die Silbermedaille gewann. Da lag es für den Pferdemann natürlich nahe, auf seinem Anwesen auch eine Pferdesportanlage zu bauen.
Das ist im Jahr 2008 auch gelungen, und zwar vom Feinsten: Rund 150 luxuriöse Boxen, ausgedehnte Weiden, eine 1000-Meter-Rennbahn mit 5 Prozent Steigung für das optimale Training, eine große Halle und ein mehrere Reitplätze, darunter einer mit Blick auf den 4.634 Meter hohen schneebedeckten Monte Rosa. Für Fahrer gibt es einen 100 x 50 m großen Dressurplatz und einen Hindernisparcours. Das alles inmitten von sattem Grünland, auf dem man nach der Heuernte auch reiten darf.
Der Strom wird über Solaranlagen gewonnen und bis zu 5 Millionen Liter Wasser in Zisternen gesammelt, damit in heißen Sommer- und Trockenzeiten zum Waschen der Pferde das kühle Nass nicht knapp wird.
„Da wir so nahe an der Schweiz, Frankreich, Österreich und auch zum Süden Deutschlands liegen, besuchen uns hier viele internationale Kunden zum Beispiel zum Dressur- und Vielseitigkeitstraining“, erklärt Montano. Außerdem gibt es eine Reitschule für Kinder.
Wer dem Dressur- und/oder Vielseitigkeitslager angehört, ist bei Zilla Pearse richtig. Sie war mehr als 20 Jahre internationale Vielseitigkeitsreiterin für Südafrika, ist seit 2013 als Dressurtrainerin die Junioren und Senioren der italienischen Vielseitigkeitsmannschaften in Mustonate aktiv und hat darüber hinaus Pferde in Beritt. Da sie mit einem Deutschem verheiratet ist, spricht sie auch hervorragend unsere Sprache.
Ester Soldi, im Dressursattel für Italien international erfolgreich, hat hier ebenfalls ihre reiterliche Heimat gefunden.
Aber auch ohne Pferd ist Mustonate ein herrliches Fleckchen: Die Ferienapartments im „B&B Foresteria die Piaceri Campestri“ sind bis hin zum Kamin fantastisch ausgestattet, Frühstück und Mittagssnacks gibt’s in der „Osteria delle Scuderie“ und abends tafelt man nobel im „Ristorante Tana d’Orso“.
Entspannende Ausritte
Neben ernsthaftem Training – das „Consorzio Cavalli Varese“ hat neben der Badi Farm und Borgo di Mustonate zahlreiche weitere Mitglieder mit Anlagen für Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitsreiter sowie Fahrer im Angebot – lockt die Region auch mit Anbietern für kürzere und längere Ausritte. Wir fahren zu Luciana Oldrati, die in Mesenzana, etwa 30 Kilometer nördlich von Varese und 12 Kilometer östlich des Lago Maggiore die rustikale Ranch „Cassina Piatta“ betreibt, wo sie acht Pferde verschiedener Rassen, darunter auch Quarter Horses, für geführte Ausritte anbietet. Die Wege und Böden sind hier, typisch für das Voralpenland, eher hart und steinig, so dass es auf den Ausritten eher gemütlich im Schritt vorangeht als im stürmischen Galopp. Landschaftlich beeindruckend ist der Wasserfall, zu dem uns Luciana führt, und der Ritt durch die engen Gassen des Städtchens Mesenzana, dessen Bild von einem hohen mittelalterlichen Turm beherrscht wird. Wie in alten Zeiten binden wir die Pferde an einem Seil zwischen zwei Bäumen an und besichtigen den Turm, von dem aus man eine herrliche Aussicht hat.
Alpenvorland mit sieben Seen
„Cavalli Varese“ hat nicht nur für Reiter einiges zu bieten. Die Region um die sieben Seen – die bekanntesten sind der Lago Maggiore, der Luganer See und der Comer See – lädt zum Wandern, Golfen, Segeln, Rudern oder Paragliden ein, auch sportlich ambitionierte Radfahrer können sich in diesem Eldorado von Bergen und Tälern austoben, bis die Muskeln brennen.
Einfach entspannen kann man bei Spaziergängen zum Beispiel auf der Promenade des Lago Maggiore in Stresa und einen Nachmittagstee in einem der herrlichen alten Luxushotels einnehmen. Oder man schippert per Fähre die 400 Meter zur Isola Bella hinüber, um den herrlichen Barockpalast von Carlo Borromeo III aus dem 17. Jahrhundert und den terrassenförmig angelegten Garten zu besichtigen.
Wer – last but not least – zum Shoppen möchte, wird sicherlich in und um Mailand fündig. Und abends gibt es dann die bekannt schmackhafte mediterrane Küche, die über Pizza und Pasta hinaus noch sehr viel mehr zu bieten hat.
Allgemeines zu Cavalli Varese finden Sie hier.
Informationen zu den beschriebenen Orten
Badi Farm
Ferruccio Badi
Via Trento, 18 Sumirago (VA), Italien
Tel. +39 0331.908003
info@badifam.com, www.badifarm.it
Cassina Piatta
Luciana Oldrati
Via S. Martino – Mesenzana (VA), Italien
Tel. +39 0333.2755280
https://www.facebook.com/cassinapiatta
Hotel Ungheria
Viale Borre,98 – Varese, Italien
Tel. +39 0332.264325
info@hotelungheria.it, www.hotelungheria.it
Borgo di Mustonate
Francesco Aletti Montano
Via Salvini 31 – Varese (Mustonate), Italien
Tel +39 0332.320831
info@borgodimustonate.it, www.borgodimustonate.it