Die Mehrzahl der Pferdesportler hat im Winter keine großen Reisen mit den Pferden unternommen. Jetzt aber rufen uns die ersten warmen Sonnenstrahlen hinaus ins Freie, Ausritte auch in entfernterer Umgebung zu unternehmen oder sich auf den ersten Turnier zu messen. Zeit, den Pferdeanhänger oder Transporter auszumotten und sich Gedanken um die sichere Reise zu machen.
„Der Wetterbericht verspricht Sonne und 20 Grad! Am nächsten Wochenende wollen wir den ersten Ausflug in die Heide machen“, strahlt Anja ihre Freundin Sonja an. „Na da hast du ja einiges vor: Du bist doch ein Jahr nicht gefahren, weil Justy mit ihrer Sehnenverletzung ausgefallen ist. Jetzt schau dir mal die verrosteten Scharniere am Anhänger an, mit Glück kriegst du die Türen noch auf. Und die Reifen könnten wohl auch etwas mehr Luft vertragen“, mahnt die Freundin. „Ach hör auf mit deiner Schwarzmalerei. Darüber habe ich jetzt keine Zeit mir Gedanken zu machen. Ich brauche noch eine neue Reithose, Sattel und Trense muss ich auch noch putzen. Und bisher ist ja auch nie was passiert. Hauptsache die Pferde sind fit. Am Samstagmorgen fahren wir los. Hotel und Boxen habe ich schon gebucht. Ich freue mich tierisch auf den ersten Galopp zum Tütsberg rauf.“
Ja, nur dass daraus leider nichts geworden ist. Zwar ließen sich die Pferdeanhängertüren nach quietschendem Protest öffnen und die Pferde auch brav verladen. Auf der Autobahn aber plötzlich ein seltsames Geräusch: Was war das? Ein lauter Motorradfahrer dicht hinter dem Gespann? Ein Blick in den Rückspiegel offenbarte dann das Desaster. Einer der beiden rechten Anhängerreifen war platt. Und zwar nicht „nur irgendwie“, sondern geplatzt. Und jetzt?
Diese leider zumindest teilweise tatsächlich passierte Geschichte zeigt, dass man doch mit etwas mehr Bedacht in die Pferdereise-Saison starten sollte. Wir haben dazu die „Top 10“ rund um den Transport zusammengestellt – wer sie beachtet, sollte sicher ans Ziel kommen.
Top 1: Fahrzeugkontrolle vor dem Start
Wurde das Fahrzeug im Winter sorgfältig „eingemottet“, stand es eventuell mit einer atmungsaktiven Plane geschützt oder unter einem Dach, sollten keine großen Startprobleme drohen. Doch die Verhältnisse sind meistens anders. Hier gilt es nach der langen Standpause alle beweglichen Teile zu kontrollieren und bei Bedarf Flugrost zu entfernen und zu schmieren. Im Fokus stehen hier Bremsen, Scharniere und die Beleuchtung. Und natürlich – siehe oben – die Reifen. Sie dürfen keine Risse aufweisen und für die 100 km/h-Zulassung maximal sechs Jahre alt sein. Vor der ersten Fahrt ist der Luftdruck zu kontrollieren und anzupassen.
Top 2: Einstreu ist Pflicht
Ein bekannter Anblick: Kaum stehen die Pferde im Anhänger, wird geäppelt. Erwischt man den Mist sofort, kann man ihn noch schnell quasi unter den Hufen herausholen. Nach der Fahrt allerdings haben die Pferde die Kothaufen im hinteren Drittel zertreten und die Reinigung ist aufwändiger. Haben sie auf langen Fahrten zusätzlich noch Harn gelassen, kann das gewaltig stinken. Abgesehen davon, dass das ganze Malheur ziemlich ekelhaft ist, schadet der Ammoniak auf lange Sicht auch dem Boden, wenn er noch aus Holz besteht und nicht regelmäßig peinlich sauber geschrubbt wird. Auch kann der Urin am Heck auslaufen oder beim Ausladen Mist herausfallen und das ist – laut Viehverkehrsverordnung (VVVO) § 1 Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 zu verhindern. Wer sind nicht daran hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 46).
Dem Gesetz zufolge ist nur das Austreten von Harn und Mist zu verhindern, weitere Vorschriften dazu gibt es nicht. Die einfachste, nahezu in jedem Stall verfügbare und billigste Lösung ist natürlich Stroh. Allerdings ist es recht umständlich auszufegen, die langen Halme lassen sich mit einem Mistboy und der kleinen Gabel nur schwer bändigen. Das beste Mittel der Wahl sind daher Späne, wie sie auch in Boxen als Einstreu verwendet werden.
Top 3: Gegen Streit und Flucht
Wenn sich Pferde nicht kennen oder grundsätzlich nicht gut verstehen, kann in der Enge des Transportfahrzeuges leicht Stress aufkommen. Schnappen und Beißen nach dem Nachbarn ist nicht nur für die Pferde selbst unschön, blutige Wunden an Kopf und Hald kommen auch beim Turnierstart auch nicht gut an. Die Lösung ist eine Barriere zwischen den beiden Tieren. Es gibt diese entweder als Gitter oder feste Holzwand, die zumeist leicht zu montieren und wieder herauszunehmen ist.
Wer Fohlen oder – im wahrsten Sinne des Wortes – unerfahrene Jungpferde transportiert, sollte das Heck so verschließen, dass kein Pferd hinausspringen kann. Man glaubt es kaum, aber selbst Großpferden gelingt es in der Panik, sich loszureißen, umzudrehen und die Flucht anzutreten. Die beste Lösung ist ein Fohlengitter, das Licht und Luft hinein, aber den Flüchtenden nicht hinauslässt. Alternativ kann natürlich die Heckplane, vorzugsweise mit luftdurchlässigem Windschott, oder die Heckklappe geschlossen werden.
Top 4: Immer im Blick
Früherkennung von kritischen Situationen ist die beste Voraussetzung Unfälle zu vermeiden. Tritt ungewöhnliche Nervosität auf, beginnen die Tiere einen Streit, versucht eines gar zu steigen und droht über die Bruststange zu klettern? Der Aktionen machen sich meist durch ungewöhnliche Geräusche, Rumeln oder sogar Schwanken des Anhängers bemerkbar. Eine Videokamera ermöglicht die permanente Überwachung der Pferde im Transportraum. Die „große Lösung“ ist die festeingebaute Kamera, die das Bild über einen eigenen Monitor im Auto wiedergibt. Sie muss allerdings auch mit einer Stromquelle verbunden sein, die Kabel sollten professionell verlegt werden. Es gibt mittlerweile aber auch kostengünstigere mobile Systeme, die sich per App und einem eigenen WLAN mit dem Smartphone verbinden. Sie können per Magnet im Transportraum angebracht werden. Steht keine Metallfläche dafür zur Verfügung, kann man ganz einfach im Baumarkt eine kleine Metallschiene kaufen, diese fest im Anhänger verschrauben und die Kamera daran „ankleben“. Der Akku hält meistens mehrere Stunden und kann auch im Auto per USB wieder aufgeladen werden. Der Vorteil dieser mobilen Geräte ist, dass sie auch ganz einfach abgenommen und für den Parkvorgang als Rückfahrkamera dienen.
Top 5: Alles im Griff!
Geht es ans Verladen selbst, so ist dafür ein stabiles und gutsitzendes Halfter aus Gurtmaterial oder Leder und ein stabiler Strick erforderlich. Aus Sicherheitsgrünen empfiehlt es sich, immer Ersatz dabei zu haben, falls ein Teil reißt.
Keinesfalls sollten die im Training beliebten Knotenhalfter verwendet werden. Damit besteht das Risiko, dass das Genickstück im Panikfall zu stark einschneidet und schwere Verletzungen hervorrufen kann. Für Pferde, die sich gerne einmal mit Halfter zurückwerfen, eignet sich ein Sicherheitshalter. Genick- und Nasenriemen sind hier aus dehnbarem Stretch-Material, so dass gar kein Druck im Genick entsteht und somit die so gefürchtete Panikreaktion ausbleibt.
Der Strick sollte nicht zu dünn sein und aus griffigem Material, damit er jederzeit gut in der Hand liegt. Und nicht zu vergessen: Immer Handschuhe tragen!
Top 6: Sicher Vertäuen!
In der Mehrzahl der Pferdeanhänger haben sich fest installierte Anbinder bewährt. Sie haben den Vorteil, sofort in der zuvor eingestellten Länge griffbereit zu sein. Das können einfach Stricke, leicht dehnbare Gummistrippen oder auch zumeist plastikummantelte Ketten sein.
In allen Fällen wichtig: Während der Anbinder an der am Brustgestänge befindlichen Öse (in einigen Modellen findet sich oft auch eine hoch angebrachte Öse oder ein Ring) mit einem stabilen Karabinerhaken angebracht werden kann, sollte am Ende, das im Halfter eingehakt wird, ein Panikhaken genutzt werden. Falls ein Notfall eintritt, kann dieser schnell geöffnet werden. Alle Metallteile sollten gerade am Anfang der Saison auf Roststellen und ihre Leichtgängigkeit überprüft werden.
Top 7: Beinschutz ist besser als heilen
Egal, wie kurz oder lange die Reise ist – Transportgamaschen sollten auf jeden Fall ans Pferd, um die empfindlichen Kronränder zu schützen. Gerade in Kurven oder bei abrupten Bremsmanövern kann es passieren, dass das Pferd beim Ausbalancieren aus Versehen mit einem Huf auf den anderen tritt und dadurch eine Kronrandverletzung entsteht. Vor der ersten Fahrt ist es sinnvoll, das Pferd an die großen und teilweise steifen Gamaschen zu gewöhnen, vor allem, wenn sie die Karpal- und Sprunggelenke bedecken. Alternativ können auch normale Gamaschen oder Bandagen in Verbindung mit Hufglocken verwendet werden.
Top 8: Abschwitz und Regendecke
Zwar beginnt die Sonne gerade warm zu scheinen, im Schatten oder abends kann es aber noch empfindlich kühl werden. Daher gehört eine Abschwitzdecke immer ins Reisegepäck. Ist es bei der Anfahrt warm, wird sie eher nicht benötigt. Aber speziell nach schweißtreibenden Anstrengungen sollte sie aufgelegt werden, damit das Pferd nicht mit nass verschwitztem Fell im Zug steht.
Auch im Frühjahr und Sommer kann es unverhofft plötzlich regnen. Droht dieses Risiko, gehört eine wasserdichte Decke ins Gepäck und sollte aufgelegt werden, damit der Pferderücken nicht vom Regenwasser auskühlt, das durch Verwirbelungen am Heck in den Anhänger gesogen wird.
Top 9: Futter und Wasser
Führt der Tripp nur ein paar Kilometer weit ins nächste Ausreitgelände, reicht es aus, zur Beschäftigung im Anhänger lediglich ein oder zwei Heunetze aufzuhängen. Für längere Fahrten und Turnieraufenthalte empfiehlt es sich auf jeden Fall, ausreichend Futter und für Pferde, die ungern fremdes Wasser trinken, einen Kanister mitzunehmen. Speziell an heißen Sommertagen nach langen Aus- oder sogar Distanzritten besteht andernfalls die Gefahr der Dehydration. Als Eimer eignen sich die mobilen Futterkrippen. Sie sind auch zum Tränken in jedem Fall sinnvoll, weil sich in Bottichen, aus denen auf Veranstaltungen viele Pferde trinken, auch Krankheitserreger befinden können.
Allerdings ist eines zu bedenken: Größere Futtermengen und vor allem Wasserkanister, einfach in der Sattelkammer untergebracht, können die Stützlast deutlich erhöhen. Dies ist vor allem bei kleineren Zugfahrzeugen zu bedenken, die oft nur eine Stützlast von 75 kg haben.
Top 10: Sicher und komfortabel auf der Veranstaltung
Dressur-, Spring- oder Vielseitigkeitspferde sind es während eventueller Wartezeiten durchaus gewöhnt, im Transportfahrzeug zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass bei warmem Wetter für eine entsprechende Lüftung zu sorgen ist.
Auf Western- und Distanzveranstaltungen oder in Reitercamps ist es dagegen Usus, ein mobiles Paddock aufzubauen, in dem die Pferde tagsüber oder bei mehrtägigen Veranstaltungen sogar nachts sicher untergebracht werden können, damit auch die Menschen ruhig schlafen können.
Die gängige Lösung sind mobile Kunststoffweidezaunpfähle und ein bis zwei Zentimeter breite stromführenden Elektrolitzen, an die das Weidezaungerät angeschlossen wird. Was prinzipiell einfach klingt, produziert in der Praxis jede Menge Aufwand und Ärger: Die Zaunpfähle verbiegen sich leicht und sind wackelig, das Einfädeln der Litze in kleine Ösen erfordert Zeit. Beim Abbau ist das Elektroband aus den Ösen zu lösen und exakt wieder auf einer Rolle aufzuwickeln, andernfalls verdreht es sich und produziert wirren Bandsalat.
Sehr viel eleganter und vor allem sicherer ist das RoFlex-Paddock: Es besteht aus vier sehr stabilen Aluminium-Zaunpfählen mit zwei innen aufgerollten Elektrolitzen in 65 und 115 cm Höhe, herausgezogen und am nächsten Pfahl eingehängt werden. Insgesamt steht das Paddock mit einer Größe von 25 Quadratmetern in nur zwei bis drei Minuten. Abgebaut ist das Paddock noch schneller, die Pfosten können in größeren Sattelkammern von Pferdeanhängern oder je nach Autogröße auch quer oder diagonal auf den Rücksitzen oder im Kofferraum untergebracht werden.
Und nun: Allzeit gute Fahrt!
Gerade zu Saisonbeginn ist auch bei alten Hasen in Sachen Pferdeverladen und Transport die Routine manchmal eingeschlafen. Umso mehr gilt es jetzt, auch auf kleinste Details zu achten, damit die Vierbeiner gesund und leistungsbereit am Reiseziel ankommen – und auch wieder nachhause.